Oster-[G`]Schau

Ostern 2014 war geprägt:
vom Schauen!

Dem Ausschau halten…
… nach versteckten Osterhasen und Ostereiern in
Schoko und Hochprozentigem, Guss und Schale, Alupapierl und Porzellan…

wie auch…


Osternest mit Hochprozentigem und Hochgeistigem


[O:]schau`ng - von Hochgeistigem!

[o:]gschaut I
Die Ausstellung zu Franz Kafka`s "Der Prozess".
Blatt für Blatt vermitteln die 161 erhaltenen Manuskriptseiten einen tiefen Einblick in seine Werkstatt des Schreibens. Sie räumen auf mit der Vorstellung, ein Roman entstehe üblicherweise linear.
Kafka hat in den rund sechs Monaten, die er am "Prozess“ gearbeitet hat, Kapitel und Kapitelteile in zehn verschiedene meist vierzig Blätter umfassende Hefte im Quart-Format beschrieben. Häufig arbeitete er an mehreren Kapiteln zugleich. In verschiedenen Heften. Seite an Seite mit Tagebucheinträgen und Entwürfen zu anderen Texten. Kreuz und quer, manchmal auch auf dem Kopf, schrieb er mit krakeliger [kaum leserlicher] Handschrift. Im Januar 1915 brach er seine Arbeit am Prozess ab.
1925, ein Jahr nach Kafkas Tod, veröffentlichte sein Schriftsteller-Freund Max Brod, der die Handschriften nach dem Willen Kafkas eigentlich hätte verbrennen sollen, eine Auswahl aus dem Prozess-Manuskript.
Er deutete den berühmten Manuskript-Teil "Jemand musste Josef K. verläumdet haben" und die neun nur mit einem Deckblatt versehenen Konvolute als abgeschlossen und brachte sie in eine Reihenfolge; sechs Konvolute ließ er als Fragmente unpubliziert.
Eine Ausstellung, die mir völlig neue Sichtweisen durch das Betrachten und Studieren des Originalmanuskripts auf einen der berühmtesten Romane der Moderne bringt.

[o:]gschaut II
"1914. Literatur und Krieg"
Von der "totalen Mobilmachung der Zeit", die sich unendlich ausdehnt und gleichzeitig rasend schnell vergehen kann, erzählt[e] diese Ausstellung.
In über 200 Exponaten zeigt[e] sie die Tagebücher und tagebuchähnlichen Briefwechsel von Harry Graf Kessler, Ernst Jünger, Gustav Sack und anderen, die als Soldaten an der Front waren.
Parallel dazu: Was Zivilisten wie Marie Luise Kaschnitz, Hermann Hesse, Arthur Schnitzler oder Franz Kafka an einzelnen Tagen des WWI zwischen Ausbruch und Ende dieses Krieges in ihren Tagebüchern festhielten.

Erschreckend: Die Frontaufnahmen Ernst Jüngers, die auch heutigen Bildern von Kriegs-Massakern sehr ähneln.
Verwirrend: Wer wann wem den Krieg erklärt hat oder zwischendurch die Fronten wechselte.
Vergegenwärtigend: Wie nahe Gegenwart und Vergangenheit bei einander liegen: Beim Betrachten rücken einem aktuelle Krisenherde vor Augen.
Ein Aha-Effekt: Die Grenzverläufe vor 100 Jahren!
Damals lief die Grenze zwischen Frankreich und Deutschland auf dem Höhenkamm der Vogesen… aus heutiger Sicht unvorstellbar… „eigentlich gar nicht so lange her!“ – murmelt einer neben mir.

Wer die Ausstellung sehen möchte – sie ist demnächst unter dem Titel „The Great War: Personal Stories from Downing Street to the Trenches“ in den „Bodleian Libraries“ der Universität von Oxford zu sehen und ab Herbst wandert sie, betitelt mit „1914. La Mort des Poètes“ hinüber nach Straßburg.
Unbedingt anschauen, wenn Sie, liebe Leser[innen], dorthin kommen.
Mein Fazit: beeindruckend, bewegend, bedrückend!

[o:]gschaut III
Thomas Bernhard`s „Nicht enden wollend[e] Korrekturen“
Es ist anscheinend [tatsächlich?] die letzte von zwölf Suhrkamp-Insel-Schau-Stellungen im Literatur-Museum der Moderne, in Marbach. Auf einem großen Auspacktisch, unter Glas, waren die im Suhrkamp-Archiv erhaltenen, von ihm mit Hand korrigierten Typoskripte und Druckfahnen zu betrachten.
Zu sehen: die Besonderheiten seiner Wortfolgen und Satzbilder, Klänge, Tempi und Rhythmen.
Wieder einmal erinnert und gut sichtbar: wie aufwändig früher – in der Schreibzeit der alten Adler-Tippmaschine – Korrektur-Prozesse doch waren.
Überrascht von der musikalischen Rhythmik der Bernhard`schen Schreibe. Besonders deutlich an den [ausgestellten] Korrekturfahnen zu "GEHEN“ – wo der Sprechrhythmus zweier Gesprächspartner die Bewegung des Gehens aufnimmt.
Diese gebundene, rhythmisierte Sprache mit ihrer Vorliebe, die Worte zu wiederholen, zu parallelisieren und zu verdichten, überführte Bernhard einst als seine Erfahrung aus seiner Lyrik auch in seine Prosa.
Bernhards Korrekturen an den exzessiv eingesetzten Satzzeichen stellen den Sprechrhythmus und die Sprachmelodie unmittelbar vor Augen.
„Was ich schreibe“, sagte Bernhard in einem Interview von 1983, „kann man nur verstehen, wenn man sich klarmacht, daß zuallererst die musikalische Komponente zählt und daß erst an zweiter Stelle das kommt, was ich erzähle.“

Fazit: Ein aufschlussreicher Einblick in die unermüdlichen Korrekturarbeiten dieses selbst ernannten Geschichtenzerstörers“.

Beim Verlassen des kühl temperierten Raumes denke ich, hoffentlich folgen doch noch weitere Ausstellungen, die einem solch` interessante Einblicke in das Entstehen großer Werke und Suhrkamp-Autoren vermitteln.


[a: no:] g`sehn
Alfred Andersch` Fotostreifen. 1950 plus/minus.
Wie sein Ich-Erzähler in Die Kirschen der Freiheit, von 1952, hat Alfred Andersch in einem Fotolabor gearbeitet und eine Zeit lang selbst fotografiert. Rund 1.000 Schwarz-Weiß-Aufnahmen im Kleinbildformat haben sich erhalten. Die ersten Aufnahmen entstanden 1947/48, die letzten 1960. In der Regel verewigte er Landschaftsaufnahmen auf seinen Reisen. Wenn überhaupt, dann hat er sie als kleinformatige Fotoserie entwickelt: als Papierstreifen, im Format neunzehn mal vier [Zentimeter].

Seitenwege der Literatur?

Auf alle Fälle eine andere Art von Oster-Spaziergang ;-) - zumal die ersten drei Ausstellungen im Literaturmuseum der Moderne gestern endeten.
2462 mal gelesen
Bubi40 - 25. Apr, 09:28

mein gott, da möchte man ja vor ehrfurcht erblassen ... was du so alles für deine bildung tust ... (hier folgt ein tiefer knicks)
mit Josef K. und seinem "Prozess" habe ich mich lange und ausgiebig beschäftigt. dieser "Kafka" hat mich schwer beeindruckt, und ich habe zusammen mit einem sehr geschätzten regisseur begonnen das werk auf die möglichkeit einer verfilmung abzuklopfen. ich hatte schon motive gefunden und fotografiert und eine recht genaue lichtkonzeption erarbeitet. leider verstarb Gerd Keil und das "ostfernsehen" wurde "abgewickelt".
nun bin ich allein mit zwei Josefs K. ;-)))

Teresa HzW - 26. Apr, 13:21

Der Process

Wen die Wunder des Alltags
noch zu überwältigen vermögen,
der hat sich die Fähigkeit bewahrt,
Ehrfurcht zu haben vor dem Vollkommenen

;-)

Insofern, lieber Josef, ziehe ich meinen Respekts-Hut vor einem, der [ge]wagt [hätte], jenes schwierige Werk, das so viele Interpretationen zulässt, zu verfilmen!

Auf Youtube, findet sich ein 6-minütiger Kurzfilm als sehr freie, abstrakt-moderne Interpretation einer SchülerInnengruppe.

Beim filmischen Stöbern, zu der mich DEIN Kommentar inspirierte, entdeckte ich zudem eine alte Verfilmung von Orson Welles mit Anthony Perkins, Jeanne Moreau und Romy Schneider aus dem Jahr 1962 und einen dreiminütigen Kurz-Trickfilm mit gezeichneten Einzelbildern.

Wiewohl ich natürlich zu gern, DEINE Verfilmung dort vorgefunden hätte ;-))) - insofern sehr, sehr bedauerlich, dass Dir der Regisseur "abhanden" und die Wiedervereinigung dazwischen kam!

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