6Uhr42
Der Zug hat sich eben in Bewegung gesetzt und Sie haben einen doppelsitzigen Einzelplatz erwischt.
Glück gehabt!
Damit sich so schnell keine[r] neben Ihnen niederlassen kann, haben Sie den Gangplatz besetzt. Denn, wenn nun eine[r] käme, müsste sie oder er sich erst überwinden – und das am frühen Morgen – Sie anzusprechen und zu fragen, ob der Platz neben Ihnen, also der Fensterplatz da, noch frei ist und Sie könnten sich dann immer noch überlegen, ob Sie:
„JA, gerne“ oder
„Nein, da sitzt schon wer, der ist nur zur Toilette“ sagen.
Sie können sich durch die Wahl des Gangplatzes quasi aussuchen, ob Sie eine Reisebegleitung neben sich haben wollen oder nicht… eine Art Zug-Schatten sozusagen… so wie es einen Kur-Schatten bei einer verordneten Heil-Genesungs-Kur gibt. Denn diese Begleiter auf Zeit, die einem – ob man will oder nicht – quasi ungebeten folgen – kann man sich bei dieser Art von Begegnungs-Gelegenheiten ja nicht aussuchen.
Man kann nicht aufstehen und weggehen… weil man diesen Raum, in dem man sich nur auf Zeit befindet, nicht wirklich verlassen kann. Also muss man sich mit denen, welche einem da begegnen und den eigenen Weg kreuzen, wohl oder übel arrangieren. Doch es ist natürlich angenehmer, sich mit einem leidlich gut aussehenden, angenehmen Mitmenschen für diesen Augenblick der Zeit, der notgedrungenen Gemeinsamkeit zu arrangieren, als mit einem, der einem aufgedrängt oder schlimmer aufgezwängt wird, weil man sich leichtsinnigerweise mit zu vielen freien Plätzen umgeben hat oder zur falschen Zeit an den falschen Ort gesetzt hat. Auf Menschen stoßend, die man dann nicht mehr loswird!
Daher setze ich mich im Zug bevorzugt auf den Gangplatz., wenn es nicht anders geht.
Außerdem hat man da den besseren Rundumblick im Zug, vor allem wenn man nah an einem der beiden Durchgänge und zugleich möglichst weit weg von diesen Vierer-Plätzen mit Tisch in der Mitte sitzt. Denn da kommen fast immer laute Reisegenossen zu sitzen, deren Quasselstrippen selbst frühmorgens schon auf Hochtouren zu laufen imstande sind.
Dabei gibt es beinahe nichts Schöneres, als wenn es auch morgens schlummerstill im Zug ist, um den versäumten Schlaf ein wenig nachzuholen. Allerdings mag einem dies zu dieser frühen Stunde in der Zweiten Klasse auch besser gelingen wie in der Ersten jedenfalls wenn man in einem ICE sitzt.
In der ersten Klasse zu fahren, ist frühmorgens, zumindest wenn man "nur" von der bayerischen Landeshauptstadt bis zur schwäbischen Metropolstadt fährt, wenig ratsam. Dauernd wird man vom Servicepersonal am Frühmorgen-Nickerchen gehindert. Zunächst, weil man, kaum dass man sich in seine kuschelige Herbstwinterjacke wickelte, auch schon gefragt wird:
„Darf`s was zum Lesen sein?“
Die Antwort wird gar nicht erst abgewartet, sondern der eifrige Bahnbedienstete fährt gleich fort:
„Die Süddeutsche oder die FAZ?“ Er habe auch Die WELT und das Handelsblatt noch dabei…
Mit einem müden Kopfschütteln gibt man zu verstehen, dass man weder die eine noch die andere wolle. Außerdem hätte dieser Mensch doch erkennen können, dass sich auf dem Tischchen neben einem bereits die Zeitschriften stapelten. Lieber habe man einen Cappuccino ließ man ihn wissen. Worauf der antwortete, er käme deswegen gleich nochmal, wenn er mit den Zeitungen durch sei und dann nähme er gern die Bestellung auf.
Man nickt nur mit dem Kopf und dreht sich dann in seiner Jacken-Wickellage mit dem Rücken zum Gang und dem Gesicht zum Fenster, in der Hoffnung, wenigstens bis zum nächsten Halt, in der bayerischen Schwabenmetropole, in einer guten halben Stunde, seine Ruhe zu haben, und dann nach diesem Stopp könnte man einen Cappuccino ordern und die beiden großen Tageszeitungen.
Wann kommt man auch sonst in den Genuss, gleich beide Blätter gratis zu bekommen.
Wobei… umsonst sind die auch nicht, denn unter bahnbetriebswirtschaftlichem Kosten-Nutzen-Denken sind die bestimmt in den Fahrpreis der ersten Klasse eingerechnet, selbst wenn man eines der Sondertickets zum Preis von 39 Euro ergattern konnte, weil man sich ja schon vor 90 Tagen überlegte, dass es an einem sei, an diesem Montag die Fahrt von München nach Stuttgart auf sich zu nehmen...
Fortsetzung folgend
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Glück gehabt!
Damit sich so schnell keine[r] neben Ihnen niederlassen kann, haben Sie den Gangplatz besetzt. Denn, wenn nun eine[r] käme, müsste sie oder er sich erst überwinden – und das am frühen Morgen – Sie anzusprechen und zu fragen, ob der Platz neben Ihnen, also der Fensterplatz da, noch frei ist und Sie könnten sich dann immer noch überlegen, ob Sie:
„JA, gerne“ oder
„Nein, da sitzt schon wer, der ist nur zur Toilette“ sagen.
Sie können sich durch die Wahl des Gangplatzes quasi aussuchen, ob Sie eine Reisebegleitung neben sich haben wollen oder nicht… eine Art Zug-Schatten sozusagen… so wie es einen Kur-Schatten bei einer verordneten Heil-Genesungs-Kur gibt. Denn diese Begleiter auf Zeit, die einem – ob man will oder nicht – quasi ungebeten folgen – kann man sich bei dieser Art von Begegnungs-Gelegenheiten ja nicht aussuchen.
Man kann nicht aufstehen und weggehen… weil man diesen Raum, in dem man sich nur auf Zeit befindet, nicht wirklich verlassen kann. Also muss man sich mit denen, welche einem da begegnen und den eigenen Weg kreuzen, wohl oder übel arrangieren. Doch es ist natürlich angenehmer, sich mit einem leidlich gut aussehenden, angenehmen Mitmenschen für diesen Augenblick der Zeit, der notgedrungenen Gemeinsamkeit zu arrangieren, als mit einem, der einem aufgedrängt oder schlimmer aufgezwängt wird, weil man sich leichtsinnigerweise mit zu vielen freien Plätzen umgeben hat oder zur falschen Zeit an den falschen Ort gesetzt hat. Auf Menschen stoßend, die man dann nicht mehr loswird!
Daher setze ich mich im Zug bevorzugt auf den Gangplatz.
Außerdem hat man da den besseren Rundumblick im Zug, vor allem wenn man nah an einem der beiden Durchgänge und zugleich möglichst weit weg von diesen Vierer-Plätzen mit Tisch in der Mitte sitzt. Denn da kommen fast immer laute Reisegenossen zu sitzen, deren Quasselstrippen selbst frühmorgens schon auf Hochtouren zu laufen imstande sind.
Dabei gibt es beinahe nichts Schöneres, als wenn es auch morgens schlummerstill im Zug ist, um den versäumten Schlaf ein wenig nachzuholen. Allerdings mag einem dies zu dieser frühen Stunde in der Zweiten Klasse auch besser gelingen wie in der Ersten jedenfalls wenn man in einem ICE sitzt.
In der ersten Klasse zu fahren, ist frühmorgens, zumindest wenn man "nur" von der bayerischen Landeshauptstadt bis zur schwäbischen Metropolstadt fährt, wenig ratsam. Dauernd wird man vom Servicepersonal am Frühmorgen-Nickerchen gehindert. Zunächst, weil man, kaum dass man sich in seine kuschelige Herbstwinterjacke wickelte, auch schon gefragt wird:
„Darf`s was zum Lesen sein?“
Die Antwort wird gar nicht erst abgewartet, sondern der eifrige Bahnbedienstete fährt gleich fort:
„Die Süddeutsche oder die FAZ?“ Er habe auch Die WELT und das Handelsblatt noch dabei…
Mit einem müden Kopfschütteln gibt man zu verstehen, dass man weder die eine noch die andere wolle. Außerdem hätte dieser Mensch doch erkennen können, dass sich auf dem Tischchen neben einem bereits die Zeitschriften stapelten. Lieber habe man einen Cappuccino ließ man ihn wissen. Worauf der antwortete, er käme deswegen gleich nochmal, wenn er mit den Zeitungen durch sei und dann nähme er gern die Bestellung auf.
Man nickt nur mit dem Kopf und dreht sich dann in seiner Jacken-Wickellage mit dem Rücken zum Gang und dem Gesicht zum Fenster, in der Hoffnung, wenigstens bis zum nächsten Halt, in der bayerischen Schwabenmetropole, in einer guten halben Stunde, seine Ruhe zu haben, und dann nach diesem Stopp könnte man einen Cappuccino ordern und die beiden großen Tageszeitungen.
Wann kommt man auch sonst in den Genuss, gleich beide Blätter gratis zu bekommen.
Wobei… umsonst sind die auch nicht, denn unter bahnbetriebswirtschaftlichem Kosten-Nutzen-Denken sind die bestimmt in den Fahrpreis der ersten Klasse eingerechnet, selbst wenn man eines der Sondertickets zum Preis von 39 Euro ergattern konnte, weil man sich ja schon vor 90 Tagen überlegte, dass es an einem sei, an diesem Montag die Fahrt von München nach Stuttgart auf sich zu nehmen...
Fortsetzung folgend
Teresa HzW - 27. Aug, 06:42 - Rubrik [Post]Moderne
Jesses!
*Seufz!* - da werde ich wohl redigieren müssen, bevor die Zugfahrt weiter geht!
Jedenfalls -danke ich vielmals für diesen Hinweis! Meinem augenscheinlichen Tunnelblick wäre das so schnell nicht aufgefallen!
:-)