Bachmann Bimbam
In den nächsten drei Tagen wird wieder gelesen. Wett-gelesen. Das Spektakel der Worte steht an. Genauer gesagt, geht es um den „Bimbam der Worte“, insbesondere „den haltbaren Satz im Bimbam der Worte“ beim diesjährigen Bachmann-Bewerb in Klagenfurt. Jedenfalls könnte man die heutige Auftaktrede von Ruth Klüger, die den Bewerb eröffnet[e], als das ausgerufene Motto des Lese-Marathons verstehen.
Ich werde wieder mit von der Partie sein. Drei Tage lang. Hier auf Wi[e]der[W]orte.
Im vergangenen Jahr stellte ich die Lese-Rezeption, die Wirkung eines Textes beim allerersten An-hören [müssen] und Mit-lesen in den Mittelpunkt meiner Bachmannpreis-Lese-„Rezeptions-Forschung“. Meine „Stammtisch“-Leser-innen unter Ihnen werden sich gewiss erinnern! Andere können mein kleines Rezeptions-Forschungs-Projekt gerne hier nach lesen und da und dort und hier und da drüben…
Im Gegensatz dazu werde ich mich deses Jahr ganz und gar auf das von den Bewerb-Ausrichtern ausgerufene Motto – den „Bimbam der Worte“ – im wahrlich Bachmann`schen Wort-Sinne konzentrieren.
Ich werde mein Augenmerk also darauf richten, ob die Hoffnungsträgerinnen und –träger der deutschsprachigen Literatur auch „haltbare Sätze!“ im Bachmann`schen Wortsinn produzieren. Schließlich ist das vollständige Zitat von Ingeborg Bachmann, dem das diesjährige Motto entstammt, ihrem Gedicht über die Wahrheit entnommen. Es lautet:
Wahrlich
Wem es ein Wort nie verschlagen hat,
und ich sage es euch,
wer bloß sich zu helfen weiß
und mit den Worten -
dem ist nicht zu helfen
Über den kurzen Weg nicht
und nicht über den langen.
Einen einzigen Satz haltbar zu machen,
auszuhalten in dem Bimbam von Worten.
Es schreibt diesen Satz keiner,
der nicht unterschreibt.
Und so wird dieses Zitat zu einem Anspruch, der die Preis-Körbe dieses Jahr in Klagenfurt besonders hoch zu hängen scheint, denn wie sonst, sollte man den in der Auftaktrede formulierten Anspruch deuten, dass dieses Zitat „auch eine Aufforderung [sei], sich über Wirklichkeit, Wahrheit, Literatur und Kitsch Gedanken zu machen“.
Inssofern habe ich als Kritikerin, die mit der Lese[rinnen]-Brille auf den Bewerb schaut, natürlich dieses Jahr besonders zu prüfen, ob das Vor-Getragene und Mit-Gelesene in Klagenfurt [bei mir als Leserin] einen haltbaren Satz im Sinne eines bleibenden Eindrucks hinterlässt.
Wird also eine[r] dabei sein, der mich, wenn ich seine Sätze am Donnerstag, Freitag und Samstag höre und mitlese, ganz still werden lässt?
Still werden vor Bewunderung, weil sie oder er diese Gabe besitzt, in zehn oder weniger als zehn Worten etwas ganz Gültiges oder Grundgescheites oder Grundgutes (oder etwa alles zusammen!) zu sagen?
Insofern stellt sich mir am Vorabend des Bewerbs die spannende Frage: Wer sind die Autor[innen], die diesen hohen Anspruch heuer in Klagenfurt einlösen werden? Oder ist alles Wortgeklingel? Ein Bimbam der Worte?
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Ich werde wieder mit von der Partie sein. Drei Tage lang. Hier auf Wi[e]der[W]orte.
Im vergangenen Jahr stellte ich die Lese-Rezeption, die Wirkung eines Textes beim allerersten An-hören [müssen] und Mit-lesen in den Mittelpunkt meiner Bachmannpreis-Lese-„Rezeptions-Forschung“. Meine „Stammtisch“-Leser-innen unter Ihnen werden sich gewiss erinnern! Andere können mein kleines Rezeptions-Forschungs-Projekt gerne hier nach lesen und da und dort und hier und da drüben…
Im Gegensatz dazu werde ich mich deses Jahr ganz und gar auf das von den Bewerb-Ausrichtern ausgerufene Motto – den „Bimbam der Worte“ – im wahrlich Bachmann`schen Wort-Sinne konzentrieren.
Ich werde mein Augenmerk also darauf richten, ob die Hoffnungsträgerinnen und –träger der deutschsprachigen Literatur auch „haltbare Sätze!“ im Bachmann`schen Wortsinn produzieren. Schließlich ist das vollständige Zitat von Ingeborg Bachmann, dem das diesjährige Motto entstammt, ihrem Gedicht über die Wahrheit entnommen. Es lautet:
Wahrlich
Wem es ein Wort nie verschlagen hat,
und ich sage es euch,
wer bloß sich zu helfen weiß
und mit den Worten -
dem ist nicht zu helfen
Über den kurzen Weg nicht
und nicht über den langen.
Einen einzigen Satz haltbar zu machen,
auszuhalten in dem Bimbam von Worten.
Es schreibt diesen Satz keiner,
der nicht unterschreibt.
Und so wird dieses Zitat zu einem Anspruch, der die Preis-Körbe dieses Jahr in Klagenfurt besonders hoch zu hängen scheint, denn wie sonst, sollte man den in der Auftaktrede formulierten Anspruch deuten, dass dieses Zitat „auch eine Aufforderung [sei], sich über Wirklichkeit, Wahrheit, Literatur und Kitsch Gedanken zu machen“.
Inssofern habe ich als Kritikerin, die mit der Lese[rinnen]-Brille auf den Bewerb schaut, natürlich dieses Jahr besonders zu prüfen, ob das Vor-Getragene und Mit-Gelesene in Klagenfurt [bei mir als Leserin] einen haltbaren Satz im Sinne eines bleibenden Eindrucks hinterlässt.
Wird also eine[r] dabei sein, der mich, wenn ich seine Sätze am Donnerstag, Freitag und Samstag höre und mitlese, ganz still werden lässt?
Still werden vor Bewunderung, weil sie oder er diese Gabe besitzt, in zehn oder weniger als zehn Worten etwas ganz Gültiges oder Grundgescheites oder Grundgutes (oder etwa alles zusammen!) zu sagen?
Insofern stellt sich mir am Vorabend des Bewerbs die spannende Frage: Wer sind die Autor[innen], die diesen hohen Anspruch heuer in Klagenfurt einlösen werden? Oder ist alles Wortgeklingel? Ein Bimbam der Worte?
Teresa HzW - 4. Jul, 22:10 - Rubrik [W]ortgeklingel
Für mich hat es sich ausgebachmannt...
Komischerweise geht es mir ganz allgemein mit deutscher Literatur der Gegenwart so. Da geht es mir wahrscheinlich so wie anderen Menschen mit der Musik. Grass, Benn, Böll, die konnte ich noch mit Genuss lesen. Ja und einige zeitgenössische Schreiber wie Evelyn Schlag oder Urs Widmer kann ich auch sehr gut finden. Bei Franzobel bin ich mir schon nicht mehr so sicher.
Ich habe mich halt zum konservativen Reaktionär entwickelt - ob ich es will oder nicht.
@Steppenhund
den "konservativen Reaktionär" nehme ich Ihnen nicht ab, lieber Steppenhund,
sonst hätten Sie vergangenes Jahr
nicht so wunderbar mitgehalten
bei meiner Montauk-Lese-Besprech-ung
;-)
Grass und Böll kann ich übrigens
immer noch, oder besser, wieder[!]
mit Genuss lesen, es gab eine Zeit,
da haben mich insbesondere unsere deutschen Großschriftsteller genervt,
aber wie heißt es so schön:
"Mit den Jahren wird man milder"
;-)
Das trifft auch auf mein "Verhältnis"
zu den deutschen Schriftstellern zu;
wiewohl mir die österreichischen
Schriftsteller einfach näher stehen...
weil sie kantiger schreiben...
und überhaupt... :-)
@Steppenhund P.S.
auch noch erinnern und daran, wie ein
Jurymitglied sich mit einem anderen
deswegen überwarf,
weil der eine überlegte,
ob nun die Staatsanwaltschaft
einzuschalten wäre
und der andere darauf entgegnete
das sei Literatur...
Also da denke ich, hat
die damalige Jury nicht
besonders verantwortungsvoll
gehandelt, weil - da bin ich ganz
bei Ihnen, lieber Steppenhund,
solchen Texten darf
keine Plattform
gegeben werden.