MisteR Techno

Ich weiß jetzt, wer den Techno erfunden hat.
Gestern habe ich ihn kennengelernt, den Herrn Maschinisten.

Jawoll, im Hauptberuf ist er ein Maschinist, einer von der alten Schule, der noch Stahlkappen an den Schuhspitzen und Eisenplatten als Besohlung trägt.

Der Dich in eine lange Röhre steckt, wenn Du zu den Ursprüngen seiner Musik vordringen willst.
Nix Paul van Dyke. Dessen Musik ist - wenn ich die beiden Vertreter ihrer Art mit der Palette der Joghurtsorten vergleichen würde - der Cremige. Also Dick ist der Cremige. Und der andere, bei dem ich die Ehre hatte, das ist der Stichfeste. Der, wo nix tropft oder fließt, wenn Du hinein stupfst.
MisteR Techno ist der Hartgesottene, der Ur-i[ch]e seiner Art. Der, der noch nicht mit Computer und Zubehör wie MidiController, Cubase, FL Studio 9 oder ähnlichem arbeitet.

Er ist der, der sein Handwerk im klassischen Sinn beherrscht: hämmert, bohrt, schlägt, sägt, feilt, klopft und einen Nerven zerfetzenden Wummerton auflegt. Über Dir drüber legt.
Hinter Deinem Rücken abspielt.
Ohne Rücksicht auf Verluste.
Sein Ton geht Dir durch Mark und Bein.
Vor allem durchs Rückenmark.
Bevor er dir in die Beine oder dazwischen hindurch fährt.

Wenn er nett ist, läßt er Dich Deine spezielle Abmischung raussuchen, bevor es losgeht. Er bzw. seine netten Groupies fragen Dich, ob es noch ein wenig "Beimischung" sein darf.
Radio?
Amy Winehouse?
Dr. Pur?
Abba?
Ich entschied mich für ein Stück von Amy Winehouse.

"Wenn`s länger dauert, was darf es dann als zweite Hinzumischung sein" - fragte mich das blonde, langhaarige Groupie, bevor...
"Radio" - antwortete ich knapp, da ich keine Lust auf Abba und noch weniger auf Dr. Pur verspürte.
Obwohl...
...im Nachhinein betrachtet, der Ritt von Wagners Wallküren wohl am allerbesten gepasst hätte.
Aber Wagner hatten Sie nicht im Angebot.

Das finde ich - im Nachhinein besehen - nicht nett, bei den Preisen, die Sie haben, MisteR Techno!
Und wenn ich schon beim mich Beschweren bin... also ehrlich... für den Preis, den Sie da bei sich für eine Audienz mit Ihnen, Ihrer Durchlauchtesten aller Durchlauchten, verlangen, hätte ich auch eine etwas komfortablere, will sagen, bequemere Chaise Longue erwartet.
Nicht so ein hartes "Daybed", wie Sie es nannten.
Denn es stört ja wohl den Hörgenuss und Ihro Durchlauchtiges Arbeiten nicht, wenn die Unterlage etwas gepolstert ist. Das gäbe den Tönen, die man zu hören bekommt, mehr [ab]gefederten Klang. Mehr Volumen.

So klang es doch reichlich blechern. Nein. Stählern. Wie in einer Stahlkammer. In einem Stahlwerk. Als stünde ich direkt neben dem Hochofen, in dem die Klangsoße aufgekocht, der Stahl angestochen wird.
Ich fürchtete fürwahr um mein Kreuz. Gerade das Hämmern und Bohren und Klopfen übertrug sich unmittelbar.
Die Beats, die Sie dabei auslösten, trafen - Wirbel für Wirbel - unvermittelt auf mein Kreuz.
Unangenehm war das.

Dabei hatte mir die Brünette Ihrer beiden blutjungen Groupies doch versprochen, dass der Kopfhörer, den sie mir aufgesetzt, den Stahlklang etwas abdämpfen werde, damit die Winehouse`schen Töne stärker durch Ihre metallische Mischung dringen würden.

Nicht nett fand ich übrigens und den Klang Ihres Konzerts sehr beeinträchtigend, dass man mich - ungefragt - auf das harte Brett drückte und den Oberkörper, mehr noch den Kopf, in eine sehr ungünstige Position zwängte, mir die Arme seitlich anlegte, so dass ich den Kopfhörer nicht mehr selbst betätigen konnte, zumal es in der Hörkabine so beengt war, dass ich beim besten Willen, und unter aller körperlicher Anstrengung es nicht schaffte, mich auch nur ein klitzekleines Stückchen zur Seite zu drehen.
Den kleinen Blasebalg, den Sie mir dazu in die linke Hand drücken ließen, fächelte mir auch keine kühle Luft in jener engen Hörkabine zu.

Ich war also gezwungen, die ganze Zeit, während des ersten Satzes Ihrer Sinfonie, unbeweglich in einer bestimmten Position liegend, mit den Augen nach oben zu blicken. Gen diese cremeweiß gestrichene Decke, die sich wie ein weißgrauer Wolken verhangener Regenhimmel über meinem Kopf, meinen gesamten Oberkörper, meine Beine, ja ich glaube, sogar noch über meine Füße wölbte.
Also, mein Lieber, so geht das nicht. Das ist für den Hörgenuss in Gänze suboptimal.
Da besteht Ihroseits, wenn ich das Ihro Durchlaucht, so sagen darf, ein enormer Nachbesserungs- und Optimierungsbedarf.
So können Sie mit Ihro Sie gut zahlenden Klientel eigentlich nicht umgehen.

Und schließlich und endlich,
nachdem ich die ganze Bandbreite Ihrer Klänge gehört und mich in Ihre kompositorische Feinarbeit eingefühlt hatte, langsam in einen tranceähnlichen Zustand verfallen war, brachen Sie abrupt das Konzert ab.
Hey!
Das geht gar nicht, mein Lieber!
Eh` ich wußte,
wie mir geschah,
hatten mich Ihre beiden Groupies wieder aus dieser Hörkabine hinaus bugsiert, den Kopfhörer runtergerissen, den Blasebalg, den ich nicht einmal gedrückt, abgenommen...

Nein, nein, nein, nein und nochmal nein, so geht das nicht!
An Ihrer Kabinenausstattung und auch am Service Ihres Personals haben Sie noch zu arbeiten! Das ist alles noch verbesserungswürdig, hören Sie!?

Und...
bei aller Musikliebe und Sie wissen, wie ich diesen Ihrigen Techno-Beat da drinnen in dieser Hörkabine zu schätzen gewusst.
Aber, mein Verehrtester, Durchlauchter, das ist doch keine Musik! Der Godfather aller Sinfonien wird mir da von seiner himmlischen Klangwolke aus beipflichten, dessen bin ich gewiss.

Werter [M]iste[R] [T]echno, auch wenn Sie auf diese Art und Weise dereinst den Grundstein für eine neue Musikrichtung gelegt haben mögen!
In heutiger Zeit und bei d e r Konkurrenz werden Sie sich etwas einfallen lassen müssen, wenn Sie unsereine da nochmal hinein bewegen wollen, hören Sie!?

Sonst kehre ich künftig zurück zu Altbewährtem...
wie....
dem da...

2332 mal gelesen
Bubi40 - 17. Jul, 08:46

es hört sich an (ihr bericht), wie die minutiöse schilderung einer besonders brutalen mittelalterlichen folter. die schon dem leser schmerzen bereitet.
nur einen satz habe ich nicht versanden ...
"Bevor er dir in die Beine oder dazwischen hindurch fährt."
denn das wäre ja ... na hör´n se mal !!!

Teresa HzW - 17. Jul, 09:02

Ja... es bereitete fürwahr den Ohren schmerzen...
aber nur jenen, da kann ich Sie beruhigen,
lieber Josef.

Und das andere....
ja... hm... naja...
also ich kann das auch...
dachte ich...
wie jene Mehrzahl der diesjährigen
Bachmann-Aspiranten:
Feuchtgebiete [be]schreibend andeutend ;-)
*hi-hi*, wie ich lesend - und
*nicht ohne Stolz* -
Ihrem Kommentar entnehmen darf,
scheint`s mir wohl gelungen...

[...mit Leser[innen]`s Phantasie spielend]
;-)
Teresa HzW - 17. Jul, 09:13

P.S. @Bubi40 & ...wers noch lesen wird...

indes, lieber Josef, in der Ges[amtges]chichte
steckt ein wahrer Kern,
also
eine Art Rätsel habe ich ihr anheim
geschrieben,
die dem wahren Erlebnis geschuldet.

Indes [scheint heute mein Splienwort zu sein,
ich gebrauchte es schon zu oft]
ein[e] jede[r] Leser[in] möge die Story
einfach lesend genießen,
die Phantasie treibend lassen,
wenn wir alle [also wohl doch die
meisten, die hier lesen] nicht am Strand liegen
und uns mit den Wasserwellen
davon träumen könn`,
dann muss das eben die Schreibe tun
[dacht´ ich mir heut` Morgen]
;-)

Eugenie Faust - 17. Jul, 09:34

Als diese Foltermethode noch ganz jung war,
gab es weder Blasebalg noch musikalische Beimischungen,
sondern nur den zerfetzenden, martialischen Ton.

EDIT: Indes - um Ihr heutiges "Splienwort" aufzugreifen - boten mir die Groupies Drogen an.

Und man musste sich noch bis nach Freiburg begeben,
um in den "Genuss" dieser speziellen Techno-Variante
zu kommen.

Ich hoffe, es ist nichts Ernstes. : )
Teresa HzW - 17. Jul, 09:53

gemach...gemach

ad1)
Oh Jesses!

ad2)
das wird sich zeigen, liebe Eugenie, ich setze auf den Faktor Zeit und konventionelles Vorgehen, z.B. viel Bewegung,
da a bissle [HWS NPP C6/7]
Eugenie Faust - 17. Jul, 09:59

Oh Jemineh!

Hoffentlich bloß a ganz klois bissle!!!

Alles Gute!
Teresa HzW - 17. Jul, 10:02

Ma, wird säh`
...
....immerhin
habe ich keine Schmerzen!
Hoffe das bleibt so!

Danke für die guten Wünsche!
:-)
Robert (Gast) - 17. Jul, 12:49

Wie Sie das Reale in Geschichten kleiden, Kompliment. Falls Ihnen der Sinn nach Aushängen steht - empfehle ich statt Dick den Paul van Dyke und Cream und wünsche: t-t-t!


Teresa HzW - 19. Jul, 12:17

Aus autobiografischen Gegebenheiten fiktionale Geschichten zu formen, ist gar nicht so einfach, daher freue ich mich sehr über Ihr Feedback, dass mir dies zunehmend zu gelingen scheint. Jedenfalls werte ich so Ihren Kommentar, lieber Robert, wie auch die der anderen Stammleser[innen].

Nettes Namensspiel und angenehme Entspannungsmusik, die dem Aushängen förderlich ist ;-)

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