Preisverdächtig im Bachmann-Bimbam
Ein wohltuender Text, der "Unternehmer", von Matthias Nawrat über das Ende einer Kindheit – ein sauber gearbeiteter - eindringlicher- Text, der sich wohltuend abhebt aus dem Brei der restlichen pubertären Klagenfurt-Texte bei diesem Bachmann-Wettbewerb. Diese „Öko-Ausschlachterei“- Szene ist mir eine der vielen „haltbaren [Ab]Sa[e]tze im Bimbam der Worte“, das ansonsten über weite Strecken bei diesem 36. Bachmann-Bewerb Wortgeklingel war. Ein Wortgeklingel um Effekt heischende Töne aus der Welt der Hunde [allein 3 Hundetexte!], Echsen, Schlangen, Frösche, Hühner und anderer Vögel – allesamt getreu dem alten Werbemotto „Sex sells“.
Dennoch… war mir dieses Kampflesen in den Feuchtgebieten der literarischen Textniederungen allemal lieber als die letzten beiden Jahre. Denn außer diesem eindringlichen Unternehmer-Text von Nawrat entdeck[t]e ich weitere, die es auch verdienen würden [verdient hätten], als Bachmannpreisträger[in] ausgezeichnet zu werden!
Da sind diese wunderbaren post[post]modernen Texte: der Text "Die Tagten und Laute des Tages" von Sabine Hassinger, den ich bereits am ersten Tag besprach. Lesen Sie bitte hier… nach….
Und der Text von Mirjam Richner "Bettlägerige Geheimnisse", den ich ebenfalls besprach.... da... nachzulesen.
Eigentlich sind es die Texte, die mir in der wahr[lich]en Bachmann-Tradition stehen. Indes…
…ich glaube einfach, dass die Jury in Klagenfurt nicht den Mut haben wird, als [von wirtschaftlichen Interessen befreite und unabhängige über allen monetären Interessen stehende] Jury einen von den beiden aufs höchste Schild zu heben [oder mag ich mich da am Ende täuschen ;-) ]. Schließlich stehen [und stecken!] auch wirtschaftliche [Verlags]Interessen hinter diesem Kampfwettlesen in Klagenfurt. We[lche]r [Verlag] erhält dieses Jahr den [Umsatz bringenden] Zuschlag? Geht es nicht darum, Texte und ihre Autoren auszuwählen, die dazu beitragen, dass Texte gelesen werden? Und nicht in den Nischen[Regalen] einiger exotischer, "unverbesserlicher“ Buchhändler und ihrer Leser[innen-Elite] verschwinden?
Oder werde ich mich täuschen? Geht es am Ende doch um Kunst in Klagenfurt? Um die literarische Kunst des Schreibens? Ich mag mich da gern täuschen… indes, liebe Leserin, lieber Leser, ich bin sicher… Bachmannpreisträgerinnen werden sie nicht!
Dann vielleicht schon eher Olga Martynova mit ihrem mit russischem Mutterwitz gewürzten Text "Ich werde sagen: Hi..." – der mir der heiterste und auch ein sehr eindrücklicher Text ist. Und zugleich ein politischer Text, der beschreibt, wie Integration in einem fremden Land aussehen kann „wie ein bunter Teppich“ [eine Jurorin beschrieb das sehr trefflich mit diesen Worten]. Auch ein Kindheits-Text. Ein Text, bei dem ein kleiner Junge sich überlegt, wie er eine, die er verehrt, ansprechen könnte: „Ich werde sagen: Hi….“, dachte Moritz. Es ist der Titel, der hier bereits den „haltbaren Satz im Bimbam der Worte“ in sich trägt. Er zieht sich wie ein roter Faden durch die wunderbare Geschichte einer slawischen Familie, die in irgendeiner Kleinstadt in Westeuropa lebt. Ein Text, der an manchen Stellen heiter wie eine Sommergeschichte vom Eisschlecken, von fremden Kulturen märchenhaft wie aus Tausendundeinernacht von der „Ähnlichkeit des Eismädchens mit Figuren auf altägyptischen Sarkophagen“ erzählt. Dadurch das Heute mit dem Gestern bis nach hinten in der frühen Menschheitsgeschichte – ja gar bis Adam und Eva im Paradies verwebt:
„Hätte Adam Eva geliebt, hätte er anders reagiert, als sie ihm sagte: „Schau, eine Frucht. Schmeckt auch. Koste mal, hat mir ein Kerl von nebenan gegeben.“ Was tat Adam? Er kostete, klar, warum nicht. Er war nicht wählerisch und aß alles, was sie ihm auftischte.
Hätte Adam Eva geliebt, hätte er sich gefragt: „Von was für einem von nebenan bekommt meine Frau Geschenke?“
„Eva“, hätte er gesagt, „bring das Ding sofort zurück und sprich nie wieder mit dem Typen von nebenan.“ „Mensch,“ hätte Eva gesagt, „er ist so ein netter, ein Engel von einem Wurm!“ „WURM?!“, hätte Adam gesagt. Und er hätte den Feind erkannt und erschlagen.“
Das ist mir die witzigste Stelle in diesem Text. Und diese Stelle steht für den russischen, oder sollte ich besser sagen, slawischen – einige meiner Stamm-Leser täten/werden jetzt sagen, wenn sie es gelesen – „maghrebinischen“ Mutterwitz.
Es ist die Schreibe, vor der ich hier meinen Hut ziehe! Schließlich ist das, die höchste Leistung, die ein[e] fremdsprachige[r] Autor[in] wie Martynova vollbringen kann: Wenn es ihr oder ihm gelingt, den eigenen Mutterwitz in die Sprache des anderen Landes, in der man fortan lebt und schreibt, zu transformieren. Das hat Martynova an vielen anderen Stellen in ihrem Text gezeigt – eine grandiose sprachliche, schriftstellerische Leistung – dafür gebühr[t]e ihr der Bachmannpreis 2012.
Nun wir werden sehen, wer es wird.
Und damit Schluß… mit der Preisverdächtigung und den Fernseher einschalten….
Fiebern Sie mit?
2865 mal gelesen
Dennoch… war mir dieses Kampflesen in den Feuchtgebieten der literarischen Textniederungen allemal lieber als die letzten beiden Jahre. Denn außer diesem eindringlichen Unternehmer-Text von Nawrat entdeck[t]e ich weitere, die es auch verdienen würden [verdient hätten], als Bachmannpreisträger[in] ausgezeichnet zu werden!
Da sind diese wunderbaren post[post]modernen Texte: der Text "Die Ta
Und der Text von Mirjam Richner "Bettlägerige Geheimnisse", den ich ebenfalls besprach.... da... nachzulesen.
Eigentlich sind es die Texte, die mir in der wahr[lich]en Bachmann-Tradition stehen. Indes…
…ich glaube einfach, dass die Jury in Klagenfurt nicht den Mut haben wird, als [von wirtschaftlichen Interessen befreite und unabhängige über allen monetären Interessen stehende] Jury einen von den beiden aufs höchste Schild zu heben [oder mag ich mich da am Ende täuschen ;-) ]. Schließlich stehen [und stecken!] auch wirtschaftliche [Verlags]Interessen hinter diesem Kampfwettlesen in Klagenfurt. We[lche]r [Verlag] erhält dieses Jahr den [Umsatz bringenden] Zuschlag? Geht es nicht darum, Texte und ihre Autoren auszuwählen, die dazu beitragen, dass Texte gelesen werden? Und nicht in den Nischen[Regalen] einiger exotischer, "unverbesserlicher“ Buchhändler und ihrer Leser[innen-Elite] verschwinden?
Oder werde ich mich täuschen? Geht es am Ende doch um Kunst in Klagenfurt? Um die literarische Kunst des Schreibens? Ich mag mich da gern täuschen… indes, liebe Leserin, lieber Leser, ich bin sicher… Bachmannpreisträgerinnen werden sie nicht!
Dann vielleicht schon eher Olga Martynova mit ihrem mit russischem Mutterwitz gewürzten Text "Ich werde sagen: Hi..." – der mir der heiterste und auch ein sehr eindrücklicher Text ist. Und zugleich ein politischer Text, der beschreibt, wie Integration in einem fremden Land aussehen kann „wie ein bunter Teppich“ [eine Jurorin beschrieb das sehr trefflich mit diesen Worten]. Auch ein Kindheits-Text. Ein Text, bei dem ein kleiner Junge sich überlegt, wie er eine, die er verehrt, ansprechen könnte: „Ich werde sagen: Hi….“, dachte Moritz. Es ist der Titel, der hier bereits den „haltbaren Satz im Bimbam der Worte“ in sich trägt. Er zieht sich wie ein roter Faden durch die wunderbare Geschichte einer slawischen Familie, die in irgendeiner Kleinstadt in Westeuropa lebt. Ein Text, der an manchen Stellen heiter wie eine Sommergeschichte vom Eisschlecken, von fremden Kulturen märchenhaft wie aus Tausendundeinernacht von der „Ähnlichkeit des Eismädchens mit Figuren auf altägyptischen Sarkophagen“ erzählt. Dadurch das Heute mit dem Gestern bis nach hinten in der frühen Menschheitsgeschichte – ja gar bis Adam und Eva im Paradies verwebt:
„Hätte Adam Eva geliebt, hätte er anders reagiert, als sie ihm sagte: „Schau, eine Frucht. Schmeckt auch. Koste mal, hat mir ein Kerl von nebenan gegeben.“ Was tat Adam? Er kostete, klar, warum nicht. Er war nicht wählerisch und aß alles, was sie ihm auftischte.
Hätte Adam Eva geliebt, hätte er sich gefragt: „Von was für einem von nebenan bekommt meine Frau Geschenke?“
„Eva“, hätte er gesagt, „bring das Ding sofort zurück und sprich nie wieder mit dem Typen von nebenan.“ „Mensch,“ hätte Eva gesagt, „er ist so ein netter, ein Engel von einem Wurm!“ „WURM?!“, hätte Adam gesagt. Und er hätte den Feind erkannt und erschlagen.“
Das ist mir die witzigste Stelle in diesem Text. Und diese Stelle steht für den russischen, oder sollte ich besser sagen, slawischen – einige meiner Stamm-Leser täten/werden jetzt sagen, wenn sie es gelesen – „maghrebinischen“ Mutterwitz.
Es ist die Schreibe, vor der ich hier meinen Hut ziehe! Schließlich ist das, die höchste Leistung, die ein[e] fremdsprachige[r] Autor[in] wie Martynova vollbringen kann: Wenn es ihr oder ihm gelingt, den eigenen Mutterwitz in die Sprache des anderen Landes, in der man fortan lebt und schreibt, zu transformieren. Das hat Martynova an vielen anderen Stellen in ihrem Text gezeigt – eine grandiose sprachliche, schriftstellerische Leistung – dafür gebühr[t]e ihr der Bachmannpreis 2012.
Nun wir werden sehen, wer es wird.
Und damit Schluß… mit der Preisverdächtigung und den Fernseher einschalten….
Fiebern Sie mit?
Teresa HzW - 8. Jul, 11:00 - Rubrik [W]ortgeklingel
oder preisträgerin der sponsoren und proteschisten?
die hatte wohl keiner aufm schirm.
gibt jurorenhaue nacher beim sekt.
@Kopf schüttelnder Gast
erstaunt. Nach dem Applaus im Studio
zu urteilen hätte diesen Publikumspreis
Ramnek oder Nawrat oder Martynova oder
Senkel erhalten müssen.
Wenn ein Claqueur-o-Meter im Studio
aufgestellt gewesen wäre, wären das jdenfalls die vier Autor[inn]en gewesen,
bei denen das Applaus-Meßgerät den
höchsten Applausausschlag festgestellt hätte ;-)
Aber im Studio sitzen eben andere Menschen
als zuhause vorm Bildschirm.
Vielleicht haben ja vor allem junge Internet
affine Leute für die 25jährige Autorin
Cornelia Travnicek abgestimmt?
Werte[r] Ga[e]st[in],
eine Sponsorenverschwörung?
Das würde ich nun doch nicht
unterstellen mögen.