Vergelt`s Gott!

Heute ist ein historischer Tag: der wichtigste Bayer ist zurückgetreten! Ohne rauschende Party, stattdessen in der ihm eigenen Bescheidenheit.

Dieser Tag zeigte, dass einer geht, der nicht wollte, dass er zur Marionette anderer wird, dass er selbst - solange er noch konnte - bestimmt und nicht andere [über] ihn bestimmen. Dafür erhielt er zurück, worauf er selbst in den letzten acht Jahren seines weltöffentlichen Wirkens setzte: Respekt!

Er hat den Menschen ernst genommen, Vertrauen auf und in ihn gesetzt und an das Gute in ihm geglaubt.

Damit hat er vorgelebt, was heute vielen in Führungsfunktionen fehlt.

Ich denke, man wird sich dieser Vorbild-Werte-Funktion erst in wenigen Monaten richtig bewusst werden, wenn es einen Nachfolger gibt, mit und an den man ihn vergleicht.

"Ich bin ein Pilger,
der die letzte Etappe seines Weges auf der Erde
beginnt zu gehen",

waren seine letzten Worte, vom obersten Balkon der Residenz in Castel Gandolfo.
Er wolle nun "mit seinen inneren Kräften für das Wohl der Kirche und der Menschen arbeiten".
Und dann dankte er nochmals mit einer Hand voll schlichten Sätze, wie sie für ihn stets typisch waren, den vielen Tausenden Menschen, die da heute Abend um dreiviertelsechs im Innenhof bei nachtblauem Himmel, in eisiger Kälte standen:
"Vielen Dank, dass Ihr mit mir seid. Aus meinem ganzen Herzen mein Segen: Gott segne Euch! Danke. Danke, gute Nacht!"

Das waren die letzten [öffentlichen] Worte eines bayerischen Papstes!

Die besondere Bedeutung dieses historischen Tages und seines achtjährigen Pontifikats wird sich wohl erst in einigen Jahr[zehnt]en erschließen.

Jetzt - um 20Uhr00 endet die Amtszeit…

...und er - Papa emeritus - Benedetto XVI. ist wieder einer "von uns": der Josef Ratzinger.
"In Regensburg bin ich wirklich daheim", hat er einmal gesagt. Allerdings zieht er sich nicht in seine bayerische Heimat zurück [auch wenn das den Bayern gut gefallen hätte], sondern auf Castel Gandolfo, was ihm zuletzt die Herzen der Italiener zufliegen ließ.


Was bleibt, im Augenblick eines solchen Abschieds, wo ein[e] Katholik[in] zwischen Hirn und Herz schwebt?

Die Erinnerung an ein Pontifikat
in schwieriger Zeit
das überschattet war von Mißbrauchs[skandal]fällen,
die er zwar gegen harte Widerstände verfolgte,
allerdings wo er zu wenig konsequent umdurchsetzte!

Die katholische Kirche muss sich in heutiger Zeit stärker auf den Menschen einstellen. Sie muss ihren Ortskirchen mehr Freiraum geben und eine größere Bedeutung zubilligen. Von einer modernen Kirche ist der römische Katholizismus immer noch [Himmel]weit entfernt.

Zur modernen offenen Kirche gehört für mich,
dass [Kirchen]ma[e]n[ner] sich mutig mit der [neuen] Rolle der Frauen auseinander setzen. Es gibt Lebensbereiche und Lebensthemen auf dieser irdischen Welt, die kann ein Mann nicht erreichen, zumindest nicht glaubwürdig vertreten. Da braucht es mehr innere katholische Flexibilität!

Eine Flexibilität, die wohl nur von einem jüngeren Papst, vielleicht sogar nur von einem südamerikanischen oder afrikanischen ausgehen könnte.
Allein mir fehlt der Glaube daran... da ich sicher bin, dass ein europäischer, wenn nicht sogar italienischer Pontifex maximus aus den Reihen derer hervorgehen wird, die demnächst ins Konklave gehen...


Indes...
....an diesem heutigen historischen Tag...
...gebührt es den Blick nochmals auf denjenigen zu lenken, der sich immer als "unbedeutender Arbeiter im Weinberg des Herrn" verstanden hat.

Ich denke, Papst Benedikt XVI wird wohl in die Geschichte der Päpste als besonders geistreicher Intellektueller eingehen.
In seinen Schriften werden wohl erst im Verlauf der kommenden Jahre seine wahren, nachhaltigen Impulse zu entdecken sein.
Wer sich einmal die Mühe macht, in einen seiner Essays oder in seine sozialen Enzyklika [hin]einzulesen, wird entdecken, wie feinsinnig diese formuliert sind.
Da wird so manches Wort, mancher Gedanke erst in künftiger Zeit nachwirken!

Jedenfalls erfüllte es mich mit bajuwarischem Stolz, dass einer von uns, auf dem Stuhl Petri`s saß!
Und seinen damaligen Papstbesuch - im Jahr 2006 - auf dem Isslinger Feld bei Regensburg werde ich nie vergessen: In der Masse von 250.000 Menschen, die damals zu seiner Messe gepilgert waren.

Da war er beinahe körperlich zu spüren, der kollektive bajuwarisch-römische Katholizismus:
von der Fußsohle bis zur Haarspitze.

Und was für ein Gefühl erfüllte uns Bayern einige Monate davor, als es hieß: "Habemus papam" und es war ausgerechnet das Kasblaadl mit den vier großen Buchstaben, das wohl das erste und einzige Mal allen [Bayern] aus der Seele sprach, als es titelte: Wir sind Papst!

Immerhin beiben doch einige irdische Dinge von ihm:
Sein Wohnhaus, das Papsthaus[so heißt es wirklich], in Pentling [6km von Regenburg], in dem er sieben Jahre seines Lebens verbrachte, als er auch noch Professor war, kann heute besichtigt werden, inklusive seiner umfangreichen Bibliothek.
Sein Heimatort wird ihn weiterhin ver"marktl[in]n" und im Gnadenort Altötting werden die Devotionalienhändler auch noch auf ihn setzen: mit Marmeladen gefüllten Papsthauben, Benedetto-Würschterln und Papst-Bier.

Jetzt hat er sich zurück gezogen!
Dennoch wird er vielen Bayern eines bleiben: "Unser Papst".
Der Papst der [bajuwarischen] Herzen.
Vergelt`s Gott!
1648 mal gelesen
Sani (Gast) - 1. Mär, 05:28

mein Papst war er nicht

Teresa HzW - 2. Mär, 17:29

Er war halt eher ein "bayerischer Sturschädel", der polarisierte statt zu integrieren; übrigens: ein Wesenszug der Bayern ;-))
Bubi40 - 1. Mär, 08:31

chapeau für eine waschechte bajuwarin ...

dafür, dass sie sich traut, so offen ihre meinung zu sagen - gegen den mainstream.
wer, wie wir, das lange, öffentlich inszenierte siechtum des "stellvertreters gottes auf erden", der am ende nicht mehr fähig war eigene entscheidungen zu treffen, miterlebt hat, muß dem bajuwaren Ratzinger respekt zollen ... zwar sehen ja viele menschen den lieben gott als einen alten mann mit vollbart, aber er hat die kraft und die macht, jederzeit eine neue schöpfung zu kreieren - er altert ja nicht ...
außerdem holt dieser papa emeritus durch seinen schritt das amt Petri zurück auf den erdboden.
dass er zum abschied in einem weißen hubschrauber gen himmel schweben musste, ist sicher ein letzter streich, der ihm gespielt wurde ... meine ich ...

Teresa HzW - 2. Mär, 17:44

...welche dem "Preißn" knicksend ;-)

Achja, es ist natürlich viiiiel bequemer auf den Wellen des Mainstream sich dahin treiben zu lassen und das, was links und rechts an den Ufern widerständig strampelnd einem entgegen schwimmt, zu belächeln... da siehst Du mich heftig nicken, lieber Josef.

Doch manchmal kann ich halt einfach nicht aus meiner [bajuwarischen] Haut und dann bricht die widerständige Waidlarin durch und strampelt halt auch einmal dagegen ;-)
Vor allem, wenn es darum geht:
Nicht nur meine ur-eigene wi[e]derwortige Sicht hier abzuliefern, sondern das Gefühl einer ganzen Land[sfrauischenMannschafts]zunge [ist das nicht ein schönes fein-klingen[des]-Wort ;-))] hier abzubilden oder wider zu spiegeln :-D

Allerdings glaube ich, dass er dieses "gen Himmelfahren" [mit dem Hubi] sehr genossen hat ;-))) - weil mitm Inszenieren tun sich die Bayern aufgrund der jahrhunderte langen "Kini"-Tradition -glaube ich- schon leichter wie der Rest der Republik [ähem... zumindest tun meine Landsleute sich mit dem "Zelebrieren" solcher historischer Momente leichter als beispielsweise die Schwaben ;-))) ... sorry... aber dieser Seitenhieb musste mal wieder sein... wobei alle liebenswert-würdigen hiesigen Blognachbar-inn-en und "oi-hoimische Lääser-innen" natürlich ausgenommen sind :-)]

Bei Deinen übrigen Ausführungen - v.a. zum Stichwort "Siechtum" siehst Du mich Dir heftig zustimmend zunicken!
Merci für Deinen schönen Kommentar!
:-D
Jossele - 1. Mär, 20:31

Als Nichtmehrkatholik meine ich, dass er das Papsttum zuletzt wieder auf die Erde geholt hat, war ein großer Verdienst.
Über sein Werk, zu dem u.A. auch die Wiedererweckung der Piusbruderschaft gehört hat, da möge sich jeder selbst etwas denken.

Teresa HzW - 2. Mär, 18:11

Benedetto und Coelestin ;-)

Interessanterweise zollen ihm da viele Respekt, lieber Jossele, wie auch beim Thema "Piusbruderschaft" allenthalben Kopfschütteln besteht.

Ich glaube, das war das erste große Intrigen-Kuckucks-Ei, das man ihm ins Nest legte!

Da ich mir nicht vorstellen kann, dass bei dieser "Wiedererweckung" beim Benedetto die keltisch-bajuwarischen Gene durchschlugen - obwohl es da [verschwörungstheoretisch ;-) ]ein paar bemerkenswerte Parallelen, zumindest Auffälligkeiten gibt ;-)

Dazu ein kleiner Exkurs [zu Auffälligkeiten, die ich schon mal vor geraumer Zeit recherchierte] :-D
Die keltische Kirche zeichnete sich - anno dunnemal - durch ihre besondere Betonung der Schöpfungsspiritualität aus. Damit wird die im 3. bis 5. Jahrhundert in Großbritannien und Irland entstandene Ausprägung des Christentums bezeichnet, die erst zwischen 7. und dem 12. Jahrhundert schrittweise in der römisch-katholischen Kirche aufging. In ihren Wesenszügen stand diese christl.-keltische Kirche der heutigen orthodoxen Kirche näher als der römischen Westkirche.
Das Christentum keltischer Ausprägung entwickelte sich übrigens unter den Römern und hatte bis zum Festland des nordwestlichen Frankreichs Verbindung.
Es war wiederum ein Papst Coelestin I. der einen Missionar um 430 herum nach Irland entsandte. Danach kam der Britannier Patricius [von den Iren "Patrick" genannt]. Allerdings hatte sich schon in diesen Frühzeiten diese Keltisch-Christliche Kirche nicht so wunschgemäß entwickelt, wie der damalige Papst es gern gesehen hätte...

UND noch eine bemerkenswerte Parallele aus der heiligen römisch-katholischen Geschichte ;-)
Es war - wie bei "unserem" Benedetto - ein Papst Coelestin [allerdings der V.], der im Jahr 1294 von seinem Amt zurücktrat.
Als Rücktrittsgründe nannte der damals: Krankheit und Unerfahrenheit. In Wahrheit fühlte er sich jedoch machtlos gegenüber den Kurien-Intrigen [wie man heute von den Geschichtsforschern weiß]. Sein Nachfolger Papst Bonifatius VIII. nahm ihn übrigens später sogar in Haft. Coelestin V. starb zwei Jahre nach seinem Rücktritt und wurde irgendwann sogar heilig gesprochen.

Also... wer weiß...
was da dereinst noch alles ans Licht kommen wird... auch wenn`s noch Lichtjahre dauern mag, lieber Jossele ;-)

[und ohne Ihren mich anstupfenden Kommentar hätt` ich all das jetzt gar nicht aus dem Nähkästle geplaudert]
;-)
Jossele - 2. Mär, 18:30

Patrick Maewyn hat uns zumindest Anlass für sehr viel menschliches gegeben ;-)
Teresa HzW - 2. Mär, 18:56

Ha, natürlich!
UND
als Insel-Liebhaber [ich erinnere mich da an einen Eintrag... soeben ;-)] kennen Sie bestimmt diese Legende vom Heiligen Patrick:
er habe bei einer Predigt die Insel von allen Schlangen befreit und dies nicht nur mit der Macht seiner Worte, sondern unter tatkräftigem Einsatz seines Bischofsstabes
;-))
Jossele - 4. Mär, 13:39

Na ja, das mit dem Bischofsstab halte ich ja für ein bisserl übertrieben, halt sehr PR trächtig ;-)

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