Vernetzt Euch!
Von der Magie eines Buchstabens, eines Wortes und eines Instruments
Gib mir ein [K]aaa, sagt sie.
Ein „K[a]“ wie Klarinette, frage ich.
Ja, wie die Königin der Blasinstrumente, meint sie.
Klarinette – ein magisches Wort, murmle ich, ein Wort wie ein Gefäß.
Ein Gefäß, aus dem die Stimme eines Liedes ertönt, mit dem
eine[r], der es spielt einem anderen, der zuhört, zu trinken gibt. Nicht umsonst hat es an seinem untersten Ende einen „Becher“, wie man jenen nach außen hin sich wölbenden Teil dieses Instruments nennt, aus dem die Töne heraus strömen. Dunkle und zugleich kräftige Töne, die von ihren Zuhörern als angenehm empfunden werden - wegen ihres warmen, dunklen Klanges - vor allem im tiefen Tonbereich, dem so genannten Chalumeau-Register.
Es gibt rund ein Dutzend verschiedener Klarinetten.
Am bekanntesten sind die etwa 70 Zentimeter langen B- und A-Klarinetten. Sie kommen am häufigsten zum Einsatz. Nicht nur wegen ihres vollen, kräftigen Tons, sondern weil sie von Klassik über Jazz bis hin zur Volksmusik in allen Musikgenres einsetzbar sind.
Eine Rarität ist die Bassklarinette.
Sie ist doppelt so lang wie die normale Klarinette und wird auf dem Boden aufgesetzt. Wie der Name sagt, ist sie der Bass der Klarinettenfamilie.
Insgesamt zählen ein gutes Dutzend verschiedener Klarinettenarten zum Stamm dieser Familie der Holzblasinstrumente.
Mich begeistern vor allem die Bassklarinetten, insbesondere ihre älteste Schwester, die Kontrabass-Klarinette. In der modernen, zeitgenössischen Musik ist sie nicht mehr wegzudenken. Sie bezaubert durch ihren tiefen, weichen Klang. Je nach Musikstück und Arrangement fühlt man sich dabei in den Orient oder in eine andere Klangwelten versetzt: Beispielsweise in die eines Arnold Schönberg. In seinem Musikstück Pierrot Lunaire unterstreichen die langen, dunklen Töne das Mysterium, das diesem Stück innewohnt.
Bassklarinetten werden oft zur Erweiterung des Klangs in kleineren Ensembles eingesetzt. Ein besonderer Hörgenuss ist auch Johann Sebastian Bach`s berühmte Toccata und Fuge in d-Moll – nachfolgend einmal nicht von einer Kirchenorgel, sondern von zwei Bassklarinettisten dargeboten, dem Duo Sqwonk:
Dieses Stück zeigt zudem sehr schön die Bandbreite des Tonumfangs, der in der Klarinettenfamilie über drei [bis teilweise vier] Oktaven umfasst. Daher ist dieses Instrument sehr flexibel einsetzbar. Man kann fast alles damit spielen.
Letztlich ist die oberste Grenze des Tonumfangs von der Kunstfertigkeit ihres Bläsers sowie dem verwendeten Mundstück oder Blatt abhängig, sagt die Klarinettistin, mit der ich mich unterhalte und die seit ihrer Kindheit Klarinette spielt.
Nachdem sie das Holzblättchen mit Speichel benetzt und in das Mundstück ihrer Klarinette, mit dem der Ton erzeugt wird, eingesetzt und dieses auf ein anderes, etwa zehn Zentimeter langes Holzstück, das sie „Birne“ nennt und das zur Feinabstimmung der Klarinette dient, aufgesetzt hat, beginnt sie spontan einen Auszug aus Mozart`s berühmten Klarinettenquintett zu spielen. Vom Zuschauen wird mir beinahe schwindelig, so schnell fliegen ihre Finger über die Ringe und Klappen ihrer B-Klarinette.
Das dauert wohl Jahre bis man so spielen kann, seufze ich.
Sie nickt, unterbricht kurz und meint: Wenigstens drei Jahre.
Dann setzt sie ihr Spiel fort und stimmt eine fröhliche Volksweise an, die mich an einen Jahrmarkt erinnert:
An das bunte Treiben der Menge und die Marktschreier, an das Jauchzen und Schluchzen, Flüstern und Schreien, das einem dort zu Ohren kommt. Töne, die auch die Klarinette erzeugt. „Dreydlachs“ werden diese Triller und typisch musikalischen Verzierungen in der Klezmer-Musik genannt.
Später erzählt sie mir, dass die „Kappeljes“ – wie die jiddischen Musikgruppen heißen - solche Lieder und Tänze bei Hochzeiten spielen. Ursprünglich reine Instrumentalensembles, die ein Fiedler mit seiner Geige anführte.
Bei diesen „Kappellen“ seien jedoch noch keine Klarinetten dabei gewesen, meint sie.
Die zogen erst mit Napoleons Russland-Feldzug ein, grinst sie mich vielsagend an.
Ich wundere mich: Was hat denn Napoleons kriegerisches Tun mit diesem Instrument gemeinsam?
Sie: Unter Musikhistorikern erzählt man sich, dass zahlreiche Soldaten der napoleonischen Armee auf ihrem Rückzug aus Russland ihre Klarinetten zurückgelassen hätten. Auf diese Weise kamen jüdische und osteuropäische Musiker an die Klarinette.
Dabei dachte ich, dass es die alten Ägypter waren, denen wir die ältesten Vorfahren der Klarinette zu verdanken haben!? Zumindest fand man auf alten Wandmalereien in den ägyptischen Grabkammern und auf Weinkrügen Bildmotive von Menschen, die auf Klarinetten ähnlichen Doppelrohrinstrumenten spielen.
Doch eigentlich waren es sogar die Schwaben, besser ihre Vorfahren die Germanen, die das erste Blasinstrument bauten, wirft die Klarinettistin ein.
Ach, entfährt mir mein Erstaunen.
Ja, meint sie, erst vor vier oder fünf Jahren haben Forscher der Universitäten Tübingen und Heidelberg bei Ausgrabungen auf der Schwäbischen Alb ein Blasinstrument entdeckt, das 35.000 Jahre zuvor gebaut worden war: Ein etwa 20 Zentimeter langes Instrument mit einem Durchmesser von etwa zwei Zentimetern, das aus den Flügelknochen eines Geiers gefertigt worden war. In seiner Form einer Flöte ähnlich, in die fünf Löcher geschnitzt waren.
Dann liegt die Wiege der Blasinstrumentenmusik in Baden-Württemberg, sage ich und kann mir ein Grinsen nicht verkneifen.
Kann man so sagen, meint die Klarinettistin und wir lachen beide.
Allerdings gilt es da noch viele Forschungslücken zu füllen, sage ich, denn: Nachdem was ich gelesen habe, galt bisher das Frankenland als Wiege – zumindest der deutschen Klarinetten. Denn dort soll um das Jahr 1700 herum der Nürnberger Instrumentenbauer Johannes Christoph Denner aus der „Schalmei“ die Klarinette entwickelt haben, indem er ihren Tonumfang erweiterte.
Das ist natürlich Wasser in den Klarinetten-Wein der schwäbischen Flötistin.
Immerhin sind wir uns einig, dass einer der größten Klarinetten-Zauberer der Argentinier Giora Feidman ist, der die Fähigkeit, dieses Instrument zu spielen, quasi mit der Muttermilch aufsog. In vierter Familien-Generation sorgt er mit seinen Konzerten überall auf der Welt dafür, dass der magische Klang der Königin der Blasinstrumente Völker und Menschen verbindet. Zumindest bei seinen Auftritten. Wobei sein Credo, dem der berühmten argentinischen Tangomusiker gleicht, denn auch er sagt bescheiden: „Ich bin kein Klarinettist. Ich bin Sänger. Ein Sänger, der durch die Klarinette singt. Und die Klarinette ist das Mikrofon meiner Seele.“
Hier ein typisches Klezmerstück von ihm, das den Zauber dieses Instruments unterstreicht!
Liebe Leser:innen,
dies war mein verbaler Versuch, Ihnen,
nicht nur die musikalische Magie eines Instruments, sondern auch eines klangvollen Wortes nahe zu bringen. Mag sein Ihnen kam bereits beim Lesen dieses Artikels ein Wort vor Augen – vielleicht der >>> genannte Jahrmarkt - das Sie in ähnlicher Weise in den Bann zu ziehen vermag!?
Na... dann >>> folgen Sie der markierten Assoziation des Wortes Jahrmarkt!
;-))
2434 mal gelesen
Gib mir ein [K]aaa, sagt sie.
Ein „K[a]“ wie Klarinette, frage ich.
Ja, wie die Königin der Blasinstrumente, meint sie.
Klarinette – ein magisches Wort, murmle ich, ein Wort wie ein Gefäß.
Ein Gefäß, aus dem die Stimme eines Liedes ertönt, mit dem
eine[r], der es spielt einem anderen, der zuhört, zu trinken gibt. Nicht umsonst hat es an seinem untersten Ende einen „Becher“, wie man jenen nach außen hin sich wölbenden Teil dieses Instruments nennt, aus dem die Töne heraus strömen. Dunkle und zugleich kräftige Töne, die von ihren Zuhörern als angenehm empfunden werden - wegen ihres warmen, dunklen Klanges - vor allem im tiefen Tonbereich, dem so genannten Chalumeau-Register.
Es gibt rund ein Dutzend verschiedener Klarinetten.
Am bekanntesten sind die etwa 70 Zentimeter langen B- und A-Klarinetten. Sie kommen am häufigsten zum Einsatz. Nicht nur wegen ihres vollen, kräftigen Tons, sondern weil sie von Klassik über Jazz bis hin zur Volksmusik in allen Musikgenres einsetzbar sind.
Eine Rarität ist die Bassklarinette.
Sie ist doppelt so lang wie die normale Klarinette und wird auf dem Boden aufgesetzt. Wie der Name sagt, ist sie der Bass der Klarinettenfamilie.
Insgesamt zählen ein gutes Dutzend verschiedener Klarinettenarten zum Stamm dieser Familie der Holzblasinstrumente.
Mich begeistern vor allem die Bassklarinetten, insbesondere ihre älteste Schwester, die Kontrabass-Klarinette. In der modernen, zeitgenössischen Musik ist sie nicht mehr wegzudenken. Sie bezaubert durch ihren tiefen, weichen Klang. Je nach Musikstück und Arrangement fühlt man sich dabei in den Orient oder in eine andere Klangwelten versetzt: Beispielsweise in die eines Arnold Schönberg. In seinem Musikstück Pierrot Lunaire unterstreichen die langen, dunklen Töne das Mysterium, das diesem Stück innewohnt.
Bassklarinetten werden oft zur Erweiterung des Klangs in kleineren Ensembles eingesetzt. Ein besonderer Hörgenuss ist auch Johann Sebastian Bach`s berühmte Toccata und Fuge in d-Moll – nachfolgend einmal nicht von einer Kirchenorgel, sondern von zwei Bassklarinettisten dargeboten, dem Duo Sqwonk:
Dieses Stück zeigt zudem sehr schön die Bandbreite des Tonumfangs, der in der Klarinettenfamilie über drei [bis teilweise vier] Oktaven umfasst. Daher ist dieses Instrument sehr flexibel einsetzbar. Man kann fast alles damit spielen.
Letztlich ist die oberste Grenze des Tonumfangs von der Kunstfertigkeit ihres Bläsers sowie dem verwendeten Mundstück oder Blatt abhängig, sagt die Klarinettistin, mit der ich mich unterhalte und die seit ihrer Kindheit Klarinette spielt.
Nachdem sie das Holzblättchen mit Speichel benetzt und in das Mundstück ihrer Klarinette, mit dem der Ton erzeugt wird, eingesetzt und dieses auf ein anderes, etwa zehn Zentimeter langes Holzstück, das sie „Birne“ nennt und das zur Feinabstimmung der Klarinette dient, aufgesetzt hat, beginnt sie spontan einen Auszug aus Mozart`s berühmten Klarinettenquintett zu spielen. Vom Zuschauen wird mir beinahe schwindelig, so schnell fliegen ihre Finger über die Ringe und Klappen ihrer B-Klarinette.
Das dauert wohl Jahre bis man so spielen kann, seufze ich.
Sie nickt, unterbricht kurz und meint: Wenigstens drei Jahre.
Dann setzt sie ihr Spiel fort und stimmt eine fröhliche Volksweise an, die mich an einen Jahrmarkt erinnert:
An das bunte Treiben der Menge und die Marktschreier, an das Jauchzen und Schluchzen, Flüstern und Schreien, das einem dort zu Ohren kommt. Töne, die auch die Klarinette erzeugt. „Dreydlachs“ werden diese Triller und typisch musikalischen Verzierungen in der Klezmer-Musik genannt.
Später erzählt sie mir, dass die „Kappeljes“ – wie die jiddischen Musikgruppen heißen - solche Lieder und Tänze bei Hochzeiten spielen. Ursprünglich reine Instrumentalensembles, die ein Fiedler mit seiner Geige anführte.
Bei diesen „Kappellen“ seien jedoch noch keine Klarinetten dabei gewesen, meint sie.
Die zogen erst mit Napoleons Russland-Feldzug ein, grinst sie mich vielsagend an.
Ich wundere mich: Was hat denn Napoleons kriegerisches Tun mit diesem Instrument gemeinsam?
Sie: Unter Musikhistorikern erzählt man sich, dass zahlreiche Soldaten der napoleonischen Armee auf ihrem Rückzug aus Russland ihre Klarinetten zurückgelassen hätten. Auf diese Weise kamen jüdische und osteuropäische Musiker an die Klarinette.
Dabei dachte ich, dass es die alten Ägypter waren, denen wir die ältesten Vorfahren der Klarinette zu verdanken haben!? Zumindest fand man auf alten Wandmalereien in den ägyptischen Grabkammern und auf Weinkrügen Bildmotive von Menschen, die auf Klarinetten ähnlichen Doppelrohrinstrumenten spielen.
Doch eigentlich waren es sogar die Schwaben, besser ihre Vorfahren die Germanen, die das erste Blasinstrument bauten, wirft die Klarinettistin ein.
Ach, entfährt mir mein Erstaunen.
Ja, meint sie, erst vor vier oder fünf Jahren haben Forscher der Universitäten Tübingen und Heidelberg bei Ausgrabungen auf der Schwäbischen Alb ein Blasinstrument entdeckt, das 35.000 Jahre zuvor gebaut worden war: Ein etwa 20 Zentimeter langes Instrument mit einem Durchmesser von etwa zwei Zentimetern, das aus den Flügelknochen eines Geiers gefertigt worden war. In seiner Form einer Flöte ähnlich, in die fünf Löcher geschnitzt waren.
Dann liegt die Wiege der Blasinstrumentenmusik in Baden-Württemberg, sage ich und kann mir ein Grinsen nicht verkneifen.
Kann man so sagen, meint die Klarinettistin und wir lachen beide.
Allerdings gilt es da noch viele Forschungslücken zu füllen, sage ich, denn: Nachdem was ich gelesen habe, galt bisher das Frankenland als Wiege – zumindest der deutschen Klarinetten. Denn dort soll um das Jahr 1700 herum der Nürnberger Instrumentenbauer Johannes Christoph Denner aus der „Schalmei“ die Klarinette entwickelt haben, indem er ihren Tonumfang erweiterte.
Das ist natürlich Wasser in den Klarinetten-Wein der schwäbischen Flötistin.
Immerhin sind wir uns einig, dass einer der größten Klarinetten-Zauberer der Argentinier Giora Feidman ist, der die Fähigkeit, dieses Instrument zu spielen, quasi mit der Muttermilch aufsog. In vierter Familien-Generation sorgt er mit seinen Konzerten überall auf der Welt dafür, dass der magische Klang der Königin der Blasinstrumente Völker und Menschen verbindet. Zumindest bei seinen Auftritten. Wobei sein Credo, dem der berühmten argentinischen Tangomusiker gleicht, denn auch er sagt bescheiden: „Ich bin kein Klarinettist. Ich bin Sänger. Ein Sänger, der durch die Klarinette singt. Und die Klarinette ist das Mikrofon meiner Seele.“
Hier ein typisches Klezmerstück von ihm, das den Zauber dieses Instruments unterstreicht!
Liebe Leser:innen,
dies war mein verbaler Versuch, Ihnen,
nicht nur die musikalische Magie eines Instruments, sondern auch eines klangvollen Wortes nahe zu bringen. Mag sein Ihnen kam bereits beim Lesen dieses Artikels ein Wort vor Augen – vielleicht der >>> genannte Jahrmarkt - das Sie in ähnlicher Weise in den Bann zu ziehen vermag!?
Na... dann >>> folgen Sie der markierten Assoziation des Wortes Jahrmarkt!
;-))
Teresa HzW - 27. Dez, 10:00 - Rubrik Wiederworte
P.S.
Sinn und Zweck ist eine Auffrischung der Kommunikation der Blogger untereinander!
Liebe Leser:innen,
wenn Sie mögen, können Sie sich durch ein markiertes Wort [siehe oben im Text ;-)] in den Beiträgen der beteiligten Blogger von einem Blog-Beitrag zum nächsten führen lassen. Das Wort ist jeweils markiert und im Idealfall könnte es von sich aus bei Ihnen, liebe Leser:innen, eine Assoziation auslösen, genau zu dem Wort, weiter zu lesen.
Wenn Sie also den in den jeweiligen Blogger-Texten markierten Worten [manchmal ist es auch ein ganzer Satz] folgen, nehmen Sie an einer Art "Ringlesung" teil - wie es der werte Herr Blognachbar Glumm so schön bei sich formulierte: "Sie können alle neun Beiträge im Ring lesen. Genau. Eine Ringlesung."
Viel Spaß bei der Lektüre!
...und machen Sie mich nur nich verantwortlich, falls Sie einen Drehwurm kriegen... vom rundherum klickenden Lesen... ;-)))