Mit [ohne] Herz
In seinem Apostolischen Schreiben Evangelii gaudium [über die Verkündigung des Evangeliums in der Welt von heute, aus dem Jahr 2013] schreibt Papst Franziskus, das Wort „Solidarität“ habe sich ein wenig abgenutzt und werde manchmal falsch interpretiert. Es erfordere mehr als gelegentliche großherzige Taten, sondern eine neue Mentalität, „die in den Begriffen der Gemeinschaft und des Vorrangs des Lebens aller gegenüber der Aneignung der Güter durch einige wenige denkt“ (188). Solidarität sei eine spontane Reaktion dessen, der die soziale Funktion des Eigentums und die universale Bestimmung der Güter – die älter seien als der Privatbesitz - als Wirklichkeiten erkennt. Weil sich das Hüten und Mehren privaten Besitzes nur dadurch rechtfertige, dass sie dem Gemeinwohl besser dienen, „deshalb muss die Solidarität als die Entscheidung gelebt werden, dem Armen das zurückzugeben, was ihm zusteht“ (189).
Von einer [christlichen !] Solidarität des Handelns, darunter ist die gegenseitige Hilfsbereitschaft zu verstehen, ist angesichts der Flüchtlingsdramatik in Europa wenig zu sehen – wenn man von wenigen west- und südeuropäischen Ausnahmen absieht.
Alle ehemaligen osteuropäischen EU-Staaten verweigern diese Solidarität.
Mehr noch! Sie legen ein unsolidarisches Verhalten an den Tag, obwohl sie es besser wissen sollten; erwarteten und forderten sie einst ganz selbstverständlich in eigenen Belangen die Solidarität der EU.
Doch nun, wo es um die humanitäre Solidarität anderen Kulturkreisen gegenüber geht, verweigern sie diese.
Ungarn verschärft seine Gesetze, die zum Beispiel ab 15. September vorsehen, dass illegale Grenzübertritte mit bis zu drei Jahren Haft belegt werden und Flüchtlinge dadurch ab Mitte September allein durch ihren illegalen Grenzübertritt zu Straftätern werden!
Doch auch Polen, Tschechien, die Slowakei und das Baltikum verhalten sich alles andere als solidarisch; sie lehnen derzeit [noch] die Aufnahme jeglicher Flüchtlinge ab! Warschau befürchtet gar eine „Destabilisierung des [eigenen] Landes“! Stattdessen wollen auch diese osteuropäischen Staaten, so wie die Ungarn es vormachten, zunächst ihre Außengrenzen sichern!
Die Genfer Konvention, in der der Schutz von Flüchtlingen geregelt ist, und das Dubliner Abkommen, das eigentlich in der EU die Aufnahme und Verteilung von Flüchtlingen regeln soll, sind damit faktisch auf unserem Kontinent – durch das unsolidarische Verhalten jener EU-Staaten - außer Kraft gesetzt!
Und im eigenen Land?
Da herrscht ausgerechnet dort, wo man vor 25 Jahren den eisernen Vorhang hob und wo nachweislich die wenigsten Ausländer und Asylanten leben, die größte Angst „von Fremden überrannt zu werden“.
Für mich zeigt dies eins:
Vor 25 Jahren ist zwar optisch die Mauer zwischen Westdeutschland und Ostdeutschland gefallen sowie Jahre später der eiserne Vorhang zwischen Westeuropa und Osteuropa.
In den Köpfen vieler Menschen sind die Mauern der Abschottung und Abgrenzung stehen geblieben!
UND eines ist trotz „üppiger" [westlicher] Fördermittel hie wie da nicht geglückt: Die Integration der Menschen aus dem eigenen Kulturkreis in Ost und West!
Wie sonst ist die eisige Ablehnung der Flüchtlinge in den ehemals kommunistisch geprägten Ländern und Regionen zu erklären!?
Daher ist es schön, zu sehen, dass es auch Menschen mit Herz gibt! Dass es anders geht, wenn man die Hilfsbereitschaft und die Willkommensszenen der Menschen in Österreich und Deutschland am Fernsehbildschirm mitverfolgt.
Vielleicht liegt dies daran, weil das auch jene Regionen sind, in denen vor siebzig Jahren zahlreiche Vertriebene Zuflucht fanden!?
Immerhin stammt in Deutschland jeder dritte und vierte Bundesbürger aus einer sog. - ehemaligen - Flüchtlingsfamilie. Das heißt die Masse der Bundesbürger - gleich welchen Alters - weiß, was Flucht und Vertreibung bedeuten!
Auch damals gab es neben Hilfbereitschaft und Unterstützung in Teilen der deutschen Bevölkerung Hass und Ablehnung. Manches Flüchtlingskind konnte sich noch in den 1950er und -60er Jahren anhören: "Geh dahin zurück, wo du hergekommen bist!"
Damals - am Ende des Zweiten Weltkriegs - als über zwanzig Millionen Menschen aus den ehemaligen Ostgebieten auf der Flucht in den deutschen Westen waren, kamen sie in ein vom Krieg völlig zerbombtes Land: in Häuserfassaden mit Himmel in den Fensteröffnungen und Ruinen überall.
Auf dem Land schien es augenscheinlich besser, aber auch da war "DER KRIEG" überall spürbar, selbst wenn dort keine zerbombten Häuser und Straßen zu sehen waren, sondern vielleicht nur ein Nachbar, dessen Gesichtshaut gelblich glänzte und gerahmt war von kleinen, schwarzen Flecken: Granatsplitter einer Kriegsbombe.
Eines war jedoch vor siebzig Jahren einfacher: Man konnte sich verständigen.
Alle sprachen - wenn auch in unterschiedlichsten und oft merkwürdigsten Dialektfärbungen - ein- und dieselbe Sprache: Deutsch.
Das ist beim jetzigen Flüchtlingstreck, der auf uns zurollt, anders. Das wird neben der Verteilungs- und Unterkunfts- problematik die eigentliche Herausforderung, damit eine rasche Integration gelingt:
Die Überwindung der Sprachbarriere!
Schließlich glänzen wir Deutschen nicht in der Beherrschung von anderen Sprachen: gutes Englisch sprechen laut Statistik nur 8,7 Millionen Deutsche und gutes Französisch sogar nur 1,4 Millionen.
Ganz zu schweigen von der Erwartungshaltung die umgekehrt auch die verschiedensten gesellschaftlichen Interessensvertreter - jetzt schon (!) - hegen, kaum dass die Menschen aus dem Nahen Osten hier angekommen sind:
Politiker hoffen auf Steuer- und Sozialbeitragszahler, die die Versorgungslöcher von morgen stopfen können, und Vertreter der Wirtschaft auf [billige] Arbeitskräfte.
Eines jedoch bleibt:
DIE Riesenherausforderung!
FÜR UNS ALLE!
Noch dazu, da d i e s e r Flüchtlingstreck aus völlig anderen Kulturen und Religionen stammt.
Es war übrigens der polnische Papst, Johannes Paul II., der einst vehement öffentlich gegen KRIEG an sich Stellung bezog. Immer wieder äußerte er seine Ablehnung des Dritten Golfkriegs und kritisierte die Irak-Politik der USA.
Gerade im stark katholisch geprägten Polen hatte seine Meinung ein sehr hohes moralisches Gewicht. Entsprechend stärkte er mit seiner offenen Parteinahme für die antikommunistische Gewerkschaft Solidarność die Opposition und forderte seine Landsleute auf, ihre Angst zu vergessen!
Ein Weckruf, der heute [nicht nur] in Richtung [EU] Osteuropa fehlt!
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Von einer [christlichen !] Solidarität des Handelns, darunter ist die gegenseitige Hilfsbereitschaft zu verstehen, ist angesichts der Flüchtlingsdramatik in Europa wenig zu sehen – wenn man von wenigen west- und südeuropäischen Ausnahmen absieht.
Alle ehemaligen osteuropäischen EU-Staaten verweigern diese Solidarität.
Mehr noch! Sie legen ein unsolidarisches Verhalten an den Tag, obwohl sie es besser wissen sollten; erwarteten und forderten sie einst ganz selbstverständlich in eigenen Belangen die Solidarität der EU.
Doch nun, wo es um die humanitäre Solidarität anderen Kulturkreisen gegenüber geht, verweigern sie diese.
Ungarn verschärft seine Gesetze, die zum Beispiel ab 15. September vorsehen, dass illegale Grenzübertritte mit bis zu drei Jahren Haft belegt werden und Flüchtlinge dadurch ab Mitte September allein durch ihren illegalen Grenzübertritt zu Straftätern werden!
Doch auch Polen, Tschechien, die Slowakei und das Baltikum verhalten sich alles andere als solidarisch; sie lehnen derzeit [noch] die Aufnahme jeglicher Flüchtlinge ab! Warschau befürchtet gar eine „Destabilisierung des [eigenen] Landes“! Stattdessen wollen auch diese osteuropäischen Staaten, so wie die Ungarn es vormachten, zunächst ihre Außengrenzen sichern!
Die Genfer Konvention, in der der Schutz von Flüchtlingen geregelt ist, und das Dubliner Abkommen, das eigentlich in der EU die Aufnahme und Verteilung von Flüchtlingen regeln soll, sind damit faktisch auf unserem Kontinent – durch das unsolidarische Verhalten jener EU-Staaten - außer Kraft gesetzt!
Und im eigenen Land?
Da herrscht ausgerechnet dort, wo man vor 25 Jahren den eisernen Vorhang hob und wo nachweislich die wenigsten Ausländer und Asylanten leben, die größte Angst „von Fremden überrannt zu werden“.
Für mich zeigt dies eins:
Vor 25 Jahren ist zwar optisch die Mauer zwischen Westdeutschland und Ostdeutschland gefallen sowie Jahre später der eiserne Vorhang zwischen Westeuropa und Osteuropa.
In den Köpfen vieler Menschen sind die Mauern der Abschottung und Abgrenzung stehen geblieben!
UND eines ist trotz „üppiger" [westlicher] Fördermittel hie wie da nicht geglückt: Die Integration der Menschen aus dem eigenen Kulturkreis in Ost und West!
Wie sonst ist die eisige Ablehnung der Flüchtlinge in den ehemals kommunistisch geprägten Ländern und Regionen zu erklären!?
Daher ist es schön, zu sehen, dass es auch Menschen mit Herz gibt! Dass es anders geht, wenn man die Hilfsbereitschaft und die Willkommensszenen der Menschen in Österreich und Deutschland am Fernsehbildschirm mitverfolgt.
Vielleicht liegt dies daran, weil das auch jene Regionen sind, in denen vor siebzig Jahren zahlreiche Vertriebene Zuflucht fanden!?
Immerhin stammt in Deutschland jeder dritte und vierte Bundesbürger aus einer sog. - ehemaligen - Flüchtlingsfamilie. Das heißt die Masse der Bundesbürger - gleich welchen Alters - weiß, was Flucht und Vertreibung bedeuten!
Auch damals gab es neben Hilfbereitschaft und Unterstützung in Teilen der deutschen Bevölkerung Hass und Ablehnung. Manches Flüchtlingskind konnte sich noch in den 1950er und -60er Jahren anhören: "Geh dahin zurück, wo du hergekommen bist!"
Damals - am Ende des Zweiten Weltkriegs - als über zwanzig Millionen Menschen aus den ehemaligen Ostgebieten auf der Flucht in den deutschen Westen waren, kamen sie in ein vom Krieg völlig zerbombtes Land: in Häuserfassaden mit Himmel in den Fensteröffnungen und Ruinen überall.
Auf dem Land schien es augenscheinlich besser, aber auch da war "DER KRIEG" überall spürbar, selbst wenn dort keine zerbombten Häuser und Straßen zu sehen waren, sondern vielleicht nur ein Nachbar, dessen Gesichtshaut gelblich glänzte und gerahmt war von kleinen, schwarzen Flecken: Granatsplitter einer Kriegsbombe.
Eines war jedoch vor siebzig Jahren einfacher: Man konnte sich verständigen.
Alle sprachen - wenn auch in unterschiedlichsten und oft merkwürdigsten Dialektfärbungen - ein- und dieselbe Sprache: Deutsch.
Das ist beim jetzigen Flüchtlingstreck, der auf uns zurollt, anders. Das wird neben der Verteilungs- und Unterkunfts- problematik die eigentliche Herausforderung, damit eine rasche Integration gelingt:
Die Überwindung der Sprachbarriere!
Schließlich glänzen wir Deutschen nicht in der Beherrschung von anderen Sprachen: gutes Englisch sprechen laut Statistik nur 8,7 Millionen Deutsche und gutes Französisch sogar nur 1,4 Millionen.
Ganz zu schweigen von der Erwartungshaltung die umgekehrt auch die verschiedensten gesellschaftlichen Interessensvertreter - jetzt schon (!) - hegen, kaum dass die Menschen aus dem Nahen Osten hier angekommen sind:
Politiker hoffen auf Steuer- und Sozialbeitragszahler, die die Versorgungslöcher von morgen stopfen können, und Vertreter der Wirtschaft auf [billige] Arbeitskräfte.
Eines jedoch bleibt:
DIE Riesenherausforderung!
FÜR UNS ALLE!
Noch dazu, da d i e s e r Flüchtlingstreck aus völlig anderen Kulturen und Religionen stammt.
Es war übrigens der polnische Papst, Johannes Paul II., der einst vehement öffentlich gegen KRIEG an sich Stellung bezog. Immer wieder äußerte er seine Ablehnung des Dritten Golfkriegs und kritisierte die Irak-Politik der USA.
Gerade im stark katholisch geprägten Polen hatte seine Meinung ein sehr hohes moralisches Gewicht. Entsprechend stärkte er mit seiner offenen Parteinahme für die antikommunistische Gewerkschaft Solidarność die Opposition und forderte seine Landsleute auf, ihre Angst zu vergessen!
Ein Weckruf, der heute [nicht nur] in Richtung [EU] Osteuropa fehlt!
Teresa HzW - 5. Sep, 19:05 - Rubrik Andern[w]Orts