Vereinigte Ratlosigkeit von Europa

Derzeit könnte ich laufend meine Stimme erheben, wenn Sie mir nicht ausfiele, angesichts der Vorkommnisse um eine[n] herum. Die wellenförmig vorbei schwappenden Aufregungen machen mich beinahe sprachlos.
Daher ist dies heute lediglich ein Versuch, die Ereignisse, die zur Sprachlosigkeit nicht nur von mir, sondern auch der [kleinen] Welt um mich herum führen, einmal festzuhalten. Sei es schließlich aus chroni[sti]schen [Ratlosigkeit-s]Gründen.

Irland-Island-Griechenland-Portugal-Spanien-Zypern… die Welle der EURO-gebeutelten Länder schwappt… [über?]: Who`s the next?

Mo, 25. Juni, Frühstücksmeldung:
Amerikanische Ratingagenturen schlagen wieder zu [ich weiß nicht mehr wer, was aber eh egal ist, weil das, was zählt, ist das Ergebnis]: 16 große Europäische Banken, darunter auch die Deutsche Bank, werden herabgestuft.

25. Juni, tagsüber i-eine Stundenmeldung, beinahe wie eine Fußnoten-Anmerkung:
Der Bundesfinanzminister schlägt verbal zu, als er verkündet: Das Grundgesetz müsse geändert werden. Erstaunlich der große mediale Aufschrei bleibt aus. [Mir fällt dazu nur James Dean ein: „Denn sie wissen nicht was sie tun!“]

25. Juni, i-wann zwischendurch höre ich:
Die Bundeseregierung hat sich die Zustimmung der Bundesländer zum Euro-Fiskalpakt teuer erkauft: Eine Milliarde kostet das den deutschen Steuerzahler. Jährlich!

Di, 26. Juni, frühmorgens zu i-einer vollen Stunde:
Der amerikanische Rating-Oligopolist Moody`s stuft 28 spanische Banken herab – demnächst also nach dem spanischen Staat auch deren Banken Ramsch?
[Wer zieht hier wo die Strippen?]

26. Juni, zweites Frühstück:
In der Tageszeitung lese ich etwas von „Volksbefragungen wegen der [ich formuliere es mal so] „nicht mehr überschaubaren“ Auswirkungen des ESM-Rettungsschirms.

26. Juni, beim Kochen:
Zufällig höre ich das Mittagsmagazin des Hessischen Rundfunks (hr1). Darin ein Beitrag über einen „lokalen Rettungsschirm, den die hessische Landesregierung nun für klamme Kommunen aufspannt“. Auch Kassel, höre ich, wolle unter diesen „Rettungsschirm“ schlüpfen. [Kaum zu glauben, eine Stadt, die das Welt-Kunst-Ereignis 2012, die dOCUMENTA13 ausrichtet, ist pleite!?!?
Oder habe ich mich beim Tomaten häuten i-wie verhört?]

Mi, 27. Juni, frühmorgens auf nüchternen Magen:
Peter Gauweiler (der unbequeme CSU-Abgeordnete) und Herta Däubler-Gmelin (Bundesjustizministerin der SPD a.D.) kündigen an, Verfassungsklagen gegen die neuen Europäischen Vorhaben, Fiskalpakt und ESM, vorzubereiten. Dass DIE LINKE ebenfalls eine Klage vorbereitet, ist mir bereits bekannt, weil der Bundespräse bereits vergangene Woche bis zur Klärung durch das Bundesverfassungsgericht seine Unterschrift unter die entsprechenden Gesetze „verweigert“ hat.
Däubler-Gmelin will - wegen Fiskalpakt und ESM - für rund 15.000 Bürger der Initiative „Mehr Demokratie“ vor dem Bundesverfassungsgericht klagen. Sie meint, die Bürger hätten „das Recht, einen Bundestag zu wählen, der sich nicht selbst entmündige und Kompetenzen beim Fiskalpakt und ESM nach Brüssel abgebe“.
[JAWOLL!]

27. Juni, beim Kochen kriege ich mit, dass eine Regierungserklärung ansteht; das muss ich sehen!
Kurzer Hand ändere ich den Speiseplan, lege den Küchenschurz ab, schlüpfe in die Mokassins und hole Grillhähnchen beim Metzger... dazu gibt’s Salat... der sich gefahrlos zur Verkündung zubereiten lässt, ohne dass einer mir ner Lebensmittelvergiftung unterliegt.

Fazit von Merkels Regierungserklärung eben:
Die massive Staatsverschuldung ist das Problem der EURO-Länder.
Mit ihr, Merkel, werde es keine EURO-Bonds geben.
[Beim morgigen EU-Gipfel wird ihr der Wind der anderen Europäer ordentlich um die Ohren pfeifen, ob sie dem Druck standhält, überlege ich, während ich den Salat schleudere? Jedenfalls will sie hart bleiben. Na, wir werden sehen!?]

In der anschließenden Bundestags-Aussprache meint SPD-Steinmeier: "Es geht ums Ganze!" [Ach nee, Herr Steinmeier!]
"Es geht um einen zuverlässigen Weg aus der Krise..."

„Jawoll, Herr Steinmeier, aber den kennen Sie, die Herren und Damen Politiker doch gar nicht! Es möge doch endlich einer einmal zugeben, dass keiner weiß, was als nächstes kommt und wie er oder sie damit umgehen wird. Mit dem Aufspannen immer neuer Rettungsschirme auf Kosten der Zukunft von uns Bürgern, der Jugend und der Rentner, der Arbeitnehmer und Selbstständigen, löst man diese Probleme nicht!“, brummelt und knurrt es am mittlerweile gedeckten Familien-Mittagstisch.

„Eine Schneise der Verwüstung und kein Ende in Sicht!“ meint Steinmeier… ["...da sagt er was…" - denke ich mir im Stillen]

„Deutschland wäre schon längst am Boden, wenn wir nicht die Industrie und hier am Standort Bada-Würrtabärg produzierende Unternehmen hätten, da sich Dienstleistungen und Kreative Dienste nur dort entwickeln können, wo sie sich entlang einer wirtschaftlichen Wertschöpfungskette integrieren lassen und dazu sind Produktions-und Herstellungsprozesse nun einmal erforderlich.“ – meint Mich.

„Wahrscheinlich gelingt die Fiskal-Konsolidierung erst dann, wenn die Währung ausgesetzt wird“ entgegne ich.

Alles schaut mich verdutzt an. Alter Egon hüstelt.
„Wie meinste denn das?“
„Vielleicht braucht es zwei Währungssysteme!“ sage ich, während ich meinem Hähnchenschenkel die Haut abziehe.

„Zwei Währungssysteme?“ echo-t Mich und fragt nach „Wie soll denn das aussehen?“

„Na, ist doch logisch,“ kläre ich meine Herren auf, „ es gibt ein Währungssystem für den Außenwirtschaftshandel mit den harten Währungen Euro, Dollar, Lei. Und komplementär dazu ein Währungssystem für den Binnenhandel mit Regiogeld wie dem Chiemgauer, Sterntaler, Hohenloher Franken, Stuttgarter Rössle und Freitaler, um nur einige Beispiel für regionale Geld-Initiativen zu nennen.“

Verblüfft schauen mich meine beiden Herren an.
Und um noch eins drauf zu legen, sage ich:
„Übrigens gehen einige griechische Regionen nun dazu über, Regiogeld einzuführen, weil sich mancher Grieche auf andere Weise nicht mehr zu behelfen weiß.“

Alter Egon und Mich nicken zustimmend, während ein Unbeteiligter das gemeinschaftliche Knacken der Hähnchenknochen vernimmt.

Während wir der Ratlosigkeit des Politikergeplänkels auf Phoenix, dem Ereignissender, zuhören, kippen wir wieder in die Sprachlosigkeit.

Nur ein Abgeordneter - er heißt Bartels - erweckt nochmals unsere Aufmerksamkeit, da ist es schon 14:30 Uhr, als er die Unverantwortlichkeit der Politiker und die Auswirkungen all dieser europäischen Verträge geißelt. Nur - just als er loslegt, verlässt Merkel das Plenum.
Sie muss ja zum Vor-Gipfel mit dem neuen französischen Präsidenten, Monsieur Holland, wie uns die Phoenix-News-Laufleiste wissend macht....


27. Juni, Nachtrag zur Tea-Time:
Liebe sehr geschätzte Leserin und ebenso geschätzter Leser, die Sie bis hierhin rezipierender Weise durchgehalten haben. Das Fass der „Grundgesetz“-Änderung mache ich heute lieber nicht [mehr] auf.
Nur eins möchte ich Sie dazu wissen lassen: Mir ist gehörig unwohl dabei. Möglicherweise, weil unser Grundgesetz zu meiner Schul- und auch in meiner Ausbildungszeit, stets und zu Recht (!!!) sehr, sehr hoch gehängt wurde. Kein Lehrer, kein Ausbilder, kein Professor, kein Praktiker wurde müde, auf dieses hohe Gut, das uns unsere deutsche Verfassung bietet, hinzuweisen! Vor allem keiner wurde ehemals müde, auf die großen Hürden, die es zu einer Änderung der Verfassung bedürfe, hinzuweisen!
Allerdings ist die Generation derer, die unsere Verfassung so hoch gehalten haben, mittlerweile entweder verstorben, vergreist oder im 68er-Funkloch verschwunden.

Sehr lesenswert und nachdenkenswert erscheint mir das Interview, das heute Morgen der Deutschlandfunk mit Bundestagsvizepräsident Thierse führte. Lesen Sie es hier nach
http://www.dradio.de/dlf/sendungen/interview_dlf/1795892/

27. Juni, soeben entdeckt, und damit will ich es für heute "gut" sein lassen: Es gibt da eine [be-]denken-swerte Umfrage des Bayerischen Rundfunks mit dem denkwürdigen Titel: „Mehr Europa - Weniger Nationalstaat. Soll das Volk darüber abstimmen?“
Nun raten Sie mal, wie das prozentuale Verhältnis von Befürwortern und Gegnern ist!
Wobei mir die Art der Fragestellung nicht gefällt, weil es geht nicht um ein „mehr oder weniger“ Nationalstaat, sondern darum, dass eine vom Volk nicht legitimierte Institution wie die EU-Kommission in Brüssel über das Wohl und Wehe von über 300 Millionen Europäern entscheidet und dabei alle über einen Kamm schert. Wie sie das tut, da erinnere ich Sie alle samt, liebe Leser[innen], nur daran, wie uns die gute alte Glühbirne genommen wurde... von den Tausenden Lobbyisten, die in Brüssel Kommission und Parlament massieren, ganz zu schweigen. Ach... bevor ich mich wieder aufrege:
Hier geht’s zur Online-Umfrage, die noch läuft, falls Sie Ihrem Herzen kurz Luft machen wollen. Mit einem Klick geht das unter: http://www.br.de/radio/bayern2/sendungen/radiowelt/europa-abstimmung100.html#voting
2108 mal gelesen
Robert (Gast) - 27. Jun, 18:49

*Giganten* und *Jenseits von Eden* sind zwei andere Filmtitel, die ebenda passen. Gewisse Staatenführer gebärden sich auf dem EU-Parkett wie *Giganten* bis wir alle in naher Zukunft dem Paradies der überschaubaren Gegenwart nachweinen, weil wir *Jenseits von Eden* sind. Mehr nicht dazu, lediglich ergänzend: Ihre Ausf+hrungen sind mehr als eine chronistische Fußnote.

anonym (Gast) - 27. Jun, 21:53

nur noch kurz die welt retten
bevor die weiter jetten
und unser erspartes verwetten

steppenhund - 28. Jun, 08:47

Obwohl ich ja ein hoffnungsloser Optimist bin, fühle ich mich zur Zeit wie auf einem Pulverfass. Mein Optimismus geht dahin, dass wir in der nächsten Krise so ähnlich wie die Schweiz durchtunneln können. Denn es wird eine unheimliche Revolution geben.
So ähnlich wie die französische Revolution nur europaweit. So wie man es in Afrika gesehen hat.
Im Gegensatz zu früher, als man sich vielleicht über die Korruption der Politiker aufregen konnte, aber sonst gedacht hat, dass sie halt den Job soweit erledigen, kann ich heute wirklich nur RATLOSIGKEIT sehen. Es gibt NIEMANDEN, dem irgendwo Kompetenz zuzutrauen wäre. Sie haben den Kapitalismus aus Unverständnis auswuchern lassen. Wie in einem Garten, bei dem ein bestimmtes Unkraut nicht regelmäßig und rechtzeitig entfernt wird. Ab einem gewissen Zeitpunkt ist man hilflos.
Sämtliche derzeit getätigten Aktionen dienen nur dem Kauf von Zeit - und das mit zusätzlichen Belastungen für die Zukunft.
Damit werden auch die EU-Bestimmungen im Allgemeinen als lächerlich und sinnlos empfunden, obwohl sicher einige Bestimmungen ihr gutes Recht haben. Die Geschichte mit den Energiesparlampen ist allerdings eine Geschichte des industriellen Lobbyismus und da kann nichts wegdiskutiert werden. Was weg ist, ist die Glaubwürdigkeit. (Ich füge hinzu, dass ich sowohl pro-EU bin als auch die Lampengeschichte anfänglich unterstützt habe.) Mittlerweile sind die Gegenargumente stark genug geworden und beweisen, dass die ganze Aktion nur aus wirtschaftlichen (für bestimmte Firmen) durchgedrückt wurde.
Aber ich erwähne das nur als Beispiel. Es ist vollkommen klein und lächerlich im Vergleich zu der absoluten wirtschaftlichen Ratlosigkeit.
Traurig: wir sind europaweit ins Biedermeier zurückgeschossen worden. Großer häuslicher Komfort aber mit einem drohenden Weltkrieg oder Revolution am Horizont heraufschimmernd.
Hoffentlich bringen wir wenigstens noch so tolle Kunst zustande, wie das im 19. Jahrhundert der Fall war...

Teresa HzW - 1. Jul, 14:20

Liebe Kommentator-innen

haben Sie alle Dank für Ihre Ergänzungen, Er-widerungen und Wiederworte, auf die ich noch eingehen werde!

Dies als kleine Zwischeninfo... da ich derzeit aushäusig und mit instabilem Internet unterwegs.

Herzlichst
Teresa :-)

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