Haltbare Sätze im Bimbam der Worte
Nachfolgend werde ich bei diesem Bachmann-Bewerb auflisten, ob ich bei den Aspiranten auf den Ingeborg Bachmann-Preis "einen haltbaren Satz im Bimbam der Worte" fand.
[die Liste wird bis zum Wettbewerbsende fortgeführt,
wenn Sie auf die rot markierten Worte klicken, kommen Sie zu meiner Leserinnen-Kritik]
Sabine Hassinger, Die Taten und Laute des Tages
Eigentlich fand ich zwei haltbare aufeinander folgende Sätze, die im Wortbimbam zusammen gelesen werden müssen:
so die Verwunschene, sie steigt in die intensivste Katzenliebekiste und wird dafür stark gelobt von ihrer Tierärztin die im Morgengrauen säckeweise Bettwäsche bringt, die ihre vielen Hunde mitführt Fleisch und Streu für die Katzen, sich mit Hündin Rosina Zungenküsse gibt, die Verwunschene gießt zwei Flachmänner in den Tee dort im Supermarktcafe und singt den Butterflysong wunderschön dann kommt die Verkäuferin und schenkt der Verwunschenen und Berta je einen Schokocroissant kurz vor Freitagfeierabend. Ich finde Sie wunderschön sagt die Verwunschene zur Verkäuferin und Ihre entzückende Zahnlücke auch.
Andreas Stichmann, Der Einsteiger
Auch hier zwei haltbare Sätze. Wobei der haltbare Satz im Bimbam der Worte hier einmal aus drei kurzen Sätzen und das andere Mal aus zwei kurzen Sätzen besteht:
Waschmittel und Schlaf. Ein kleines bisschen Schweiß. Familienaroma. [ziemlich in der Mitte des Textauszuges zu finden]
Denn alles ist ruhig. Niemand ist tot oder pervers. [im hinteren Drittel des Textauszugs]
Stefan Moster, Der Hund von Saloniki
Der haltbare Satz ist hier im wahrsten Sinne der Worte, der, der die Geschichte zusammenhält und ihr den tieferen Sinn gibt:
Ich war in einer Welt gelandet, in der mehrere Sonnen schienen.
Hugo Ramnek, Kettenkarussell
Auch bei ihm steckt „der haltbare Satz in einem Bimbam von [mehreren] Wort[Sätz]en“:
In seinem Kopf schwingt ein Wort, er kennt es aus dem Lied der Aufräumerin: Sončice. Oder Sončece? Wie Sonne im Deutschen?
Mirjam Richner, Bettlägerige Geheimnisse
Der haltbare Satz ist hier der Einstieg in den Text, der als Gedicht formuliert ist:
in schlaflosen nächten
klopft der tod
an unsere gedanken,
wir tischen ihm
eine wässrige, erkaltete
suppe
auf
- ohne fleisch -
und sitzen ihm
stumm
gegenüber
Vollständigkeitshalber seien hier noch alle anderen "haltbaren" Sätze nachgetragen
zuerst die der Preisträger[innen] und dann abschließend die restlichen Kandidat[inn]en
[Sonntag, 8.7.12, 15:00 Uhr]
Olga Martynova, ICH WERDE SAGEN: „HI!“
Der haltbare Satz der neuen Bachmann-Preisträgerin steckt im Titel getreu dem Motto "nomen est omen" und zugleich der rote Faden, der im Text stets von neuem aufgenommen und fortgeführt wird.
ICH WERDE SAGEN: „HI!“ – dachte Moritz
Matthias Nawrat, Unternehmer
Beim Kelag-Preisträger, der um ein Haar Bachmannpreisträger geworden wäre [na, immerhin der 2. Preis!], und der einen in sich geschlossenen Text vorlegte [noch kein Romanauszug, auch wenn es sich so liest], könnte, wenn man den Text als Auszug in einem Roman nach vorne denken würde, folgender Absatz als „haltbarer Satz“ für einen Roman fungieren:
Die Bauern haben früher Hüte getragen, sagt Vater, damit der Schwarzwald ihnen nicht von oben in die Köpfe schauen und die Gedanken stehlen kann. Gibt es in Neuseeland auch einen Schwarzwald?, fragt Berti. Den Schwarzwald gibt es nur hier, sagt Vater. Schade, sagt Berti und er sieht traurig aus, wie er hochblickt zu den Baumwipfeln am Hang über uns.
In seinem Klagenfurt-Text ist mir "der haltbare Satz" einer, in dem sich die Tragik dieser Unternehmer[familie] andeutet:
Es ist die Zeit der Magnetspulenherzen.
Lisa Kränzler, Willste abhauen
Bei der dritten und zugleich 3SAT-Preisträgerin versteckt sich der feucht-animalisch-haltbare Satz genau in der Mitte des Textes:
Die Angst ist blind und getigert, flauschig und kurzschwänzig, schwarz und weiß.
Inger-Maria Mahlke,
Text ohne Überschrift
Der haltbare Satz der vierten Preisträgerin im Bunde - Ernst-Willner-Preis - für eine Feuchtgebiete-Karriere-istin ist mir nachfolgender Satz, der viel andeutet für die weitere Geschichte…
„Ich wische immer noch Ärsche“, Hanne hat gelächelt, „nicht für fünf Euro die Stunde und dankbar musst du auch noch sein.“
[im Textausdruck auf der dritten Seite oben]
Cornelia Travnicek, Junge Hunde
Im Juroren-Ranking verschmäht, dafür mit dem Publikumspreis ausgezeichnet, ihr "haltbarer Satz" für -
Kurz [h]und schmerzlos - Tierkosmo[etik]s:
Kamele haben wundervolle Wimpern.
[zweite Seite Mitte]
Matthias Senkel, Aufzeichnungen aus der Kuranstalt
Er schrammte so knapp an einem Preis vorbei. Dabei hätte seine Literaturbetriebssatire einen verdient gehabt, schon allein für diesen „haltbaren Satz“:
„Aber seien Sie gewarnt: Es besteht durchaus die Gefahr, dass Sie sich anschließend in einer Geschichte wiederfinden.“
Alle anderen Kandidat[inn]en haben es auch verdient, mit einem "haltbaren Satz im Bimbam der Worte" des 36. Bachmann-Bewerb hier auf Wi[e]der[W]orte verewigt zu werden und sei es nur mit einem einzigen, den ich mühsam fand.
Simon Froehling, Ich werde dich finden
Wirklich ein einziger Satz könnte der haltbare sein [da es sich hier immerhin um einen Romanauszug handelt]
Diese Geschichte beginnt mit meinem Ende.
[letzter Satz des ersten Absatzes]
Leopold Federmair, Aki
Der „haltbare [lange] Satz“ ist einer, der erklärt, woher der [Anti]Held der gleichlautenden Titelgeschichte seinen Namen hat:
Dabei mußten die zwei doch wissen, daß er sich soviel waschen konnte, wie er wollte, sein Gesicht wurde nicht sauber, keine Chance, nur mit Schminke konnte man da etwas machen, mit Aknichthol, aber das lehnte er ab, es nützte nichts und tat ihm weh, es war Öl ins Feuer.
Allerdings:
Isabella Feimer, Abgetrennt
Sie schrieb einen der schönsten poetisch[en] "haltbaren Sätze“ in diesem tierischen Wortgebimbambimmel aus Klagenfurt:
Ich träume, dass ich ein Eiskristall bin, im Gefrierfach, ich sitze fest, ich habe keine Angst, aber ich weiß, ich werde schmelzen, vergehen mit dem nächsten Öffnen der Kühlschranktür, sitze fest an der Fensterscheibe, wenn es draußen Winter ist, und ich warte, warte auf den Frühlingsatem, und mit dem Frühling bin ich eine Heuschrecke, die von Stunde zu Stunde hüpft, aufgeschreckt durch den Tag.
2996 mal gelesen
[die Liste wird bis zum Wettbewerbsende fortgeführt,
wenn Sie auf die rot markierten Worte klicken, kommen Sie zu meiner Leserinnen-Kritik]
Sabine Hassinger, Die Taten und Laute des Tages
Eigentlich fand ich zwei haltbare aufeinander folgende Sätze, die im Wortbimbam zusammen gelesen werden müssen:
so die Verwunschene, sie steigt in die intensivste Katzenliebekiste und wird dafür stark gelobt von ihrer Tierärztin die im Morgengrauen säckeweise Bettwäsche bringt, die ihre vielen Hunde mitführt Fleisch und Streu für die Katzen, sich mit Hündin Rosina Zungenküsse gibt, die Verwunschene gießt zwei Flachmänner in den Tee dort im Supermarktcafe und singt den Butterflysong wunderschön dann kommt die Verkäuferin und schenkt der Verwunschenen und Berta je einen Schokocroissant kurz vor Freitagfeierabend. Ich finde Sie wunderschön sagt die Verwunschene zur Verkäuferin und Ihre entzückende Zahnlücke auch.
Andreas Stichmann, Der Einsteiger
Auch hier zwei haltbare Sätze. Wobei der haltbare Satz im Bimbam der Worte hier einmal aus drei kurzen Sätzen und das andere Mal aus zwei kurzen Sätzen besteht:
Waschmittel und Schlaf. Ein kleines bisschen Schweiß. Familienaroma. [ziemlich in der Mitte des Textauszuges zu finden]
Denn alles ist ruhig. Niemand ist tot oder pervers. [im hinteren Drittel des Textauszugs]
Stefan Moster, Der Hund von Saloniki
Der haltbare Satz ist hier im wahrsten Sinne der Worte, der, der die Geschichte zusammenhält und ihr den tieferen Sinn gibt:
Ich war in einer Welt gelandet, in der mehrere Sonnen schienen.
Hugo Ramnek, Kettenkarussell
Auch bei ihm steckt „der haltbare Satz in einem Bimbam von [mehreren] Wort[Sätz]en“:
In seinem Kopf schwingt ein Wort, er kennt es aus dem Lied der Aufräumerin: Sončice. Oder Sončece? Wie Sonne im Deutschen?
Mirjam Richner, Bettlägerige Geheimnisse
Der haltbare Satz ist hier der Einstieg in den Text, der als Gedicht formuliert ist:
in schlaflosen nächten
klopft der tod
an unsere gedanken,
wir tischen ihm
eine wässrige, erkaltete
suppe
auf
- ohne fleisch -
und sitzen ihm
stumm
gegenüber
Vollständigkeitshalber seien hier noch alle anderen "haltbaren" Sätze nachgetragen
zuerst die der Preisträger[innen] und dann abschließend die restlichen Kandidat[inn]en
[Sonntag, 8.7.12, 15:00 Uhr]
Olga Martynova, ICH WERDE SAGEN: „HI!“
Der haltbare Satz der neuen Bachmann-Preisträgerin steckt im Titel getreu dem Motto "nomen est omen" und zugleich der rote Faden, der im Text stets von neuem aufgenommen und fortgeführt wird.
ICH WERDE SAGEN: „HI!“ – dachte Moritz
Matthias Nawrat, Unternehmer
Beim Kelag-Preisträger, der um ein Haar Bachmannpreisträger geworden wäre [na, immerhin der 2. Preis!], und der einen in sich geschlossenen Text vorlegte [noch kein Romanauszug, auch wenn es sich so liest], könnte, wenn man den Text als Auszug in einem Roman nach vorne denken würde, folgender Absatz als „haltbarer Satz“ für einen Roman fungieren:
Die Bauern haben früher Hüte getragen, sagt Vater, damit der Schwarzwald ihnen nicht von oben in die Köpfe schauen und die Gedanken stehlen kann. Gibt es in Neuseeland auch einen Schwarzwald?, fragt Berti. Den Schwarzwald gibt es nur hier, sagt Vater. Schade, sagt Berti und er sieht traurig aus, wie er hochblickt zu den Baumwipfeln am Hang über uns.
In seinem Klagenfurt-Text ist mir "der haltbare Satz" einer, in dem sich die Tragik dieser Unternehmer[familie] andeutet:
Es ist die Zeit der Magnetspulenherzen.
Lisa Kränzler, Willste abhauen
Bei der dritten und zugleich 3SAT-Preisträgerin versteckt sich der feucht-animalisch-haltbare Satz genau in der Mitte des Textes:
Die Angst ist blind und getigert, flauschig und kurzschwänzig, schwarz und weiß.
Inger-Maria Mahlke,
Text ohne Überschrift
Der haltbare Satz der vierten Preisträgerin im Bunde - Ernst-Willner-Preis - für eine Feuchtgebiete-Karriere-istin ist mir nachfolgender Satz, der viel andeutet für die weitere Geschichte…
„Ich wische immer noch Ärsche“, Hanne hat gelächelt, „nicht für fünf Euro die Stunde und dankbar musst du auch noch sein.“
[im Textausdruck auf der dritten Seite oben]
Cornelia Travnicek, Junge Hunde
Im Juroren-Ranking verschmäht, dafür mit dem Publikumspreis ausgezeichnet, ihr "haltbarer Satz" für -
Kurz [h]und schmerzlos - Tierkosmo[etik]s:
Kamele haben wundervolle Wimpern.
[zweite Seite Mitte]
Matthias Senkel, Aufzeichnungen aus der Kuranstalt
Er schrammte so knapp an einem Preis vorbei. Dabei hätte seine Literaturbetriebssatire einen verdient gehabt, schon allein für diesen „haltbaren Satz“:
„Aber seien Sie gewarnt: Es besteht durchaus die Gefahr, dass Sie sich anschließend in einer Geschichte wiederfinden.“
Alle anderen Kandidat[inn]en haben es auch verdient, mit einem "haltbaren Satz im Bimbam der Worte" des 36. Bachmann-Bewerb hier auf Wi[e]der[W]orte verewigt zu werden und sei es nur mit einem einzigen, den ich mühsam fand.
Simon Froehling, Ich werde dich finden
Wirklich ein einziger Satz könnte der haltbare sein [da es sich hier immerhin um einen Romanauszug handelt]
Diese Geschichte beginnt mit meinem Ende.
[letzter Satz des ersten Absatzes]
Leopold Federmair, Aki
Der „haltbare [lange] Satz“ ist einer, der erklärt, woher der [Anti]Held der gleichlautenden Titelgeschichte seinen Namen hat:
Dabei mußten die zwei doch wissen, daß er sich soviel waschen konnte, wie er wollte, sein Gesicht wurde nicht sauber, keine Chance, nur mit Schminke konnte man da etwas machen, mit Aknichthol, aber das lehnte er ab, es nützte nichts und tat ihm weh, es war Öl ins Feuer.
Allerdings:
Isabella Feimer, Abgetrennt
Sie schrieb einen der schönsten poetisch[en] "haltbaren Sätze“ in diesem tierischen Wortgebimbambimmel aus Klagenfurt:
Ich träume, dass ich ein Eiskristall bin, im Gefrierfach, ich sitze fest, ich habe keine Angst, aber ich weiß, ich werde schmelzen, vergehen mit dem nächsten Öffnen der Kühlschranktür, sitze fest an der Fensterscheibe, wenn es draußen Winter ist, und ich warte, warte auf den Frühlingsatem, und mit dem Frühling bin ich eine Heuschrecke, die von Stunde zu Stunde hüpft, aufgeschreckt durch den Tag.
Teresa HzW - 5. Jul, 23:34 - Rubrik [W]ortgeklingel
es wird ja immer wieder geschimpft über gerade diesen Wettbewerb. Nicht zuletzt deswegen, weil zu solchen Anlässen mal wieder allen Außenstehenden klar wird, dass "faire" oder auch nur objektive Entscheidungen in solchen öffentlich inszenierten Situationen nicht zu treffen sind. Und die Frage ist ja auch, ob das wirklich gewünscht wäre: Gäbe es Kriterien, die allgemeingültig und unverrückbar sind, verlöre der Beurteilungs-Zirkus schon nach kürzester Zeit seinen Reiz für jene, die ihn beobachten.
Das Ding ist durch und durch subjektiv. Und nur interessant, wenn man sich auf ebenso subjektiv beobachtende Weise darauf einlässt. Ich genieße Ihre Beobachtungen jedenfalls sehr und freu' mich, dass Sie sie mit uns teilen.
Herzliche Grüße
Phyllis
@Phyllis
ganz herzlichen Dank für
Ihren inspirierenden Kommentar!
Ich bin da ganz bei Ihnen, mit dem
was Sie schreiben.
In ähnlicher Weise machte ich meinem Herzen im vergangenen Jahr auf
meinen Wi[e]der[W]orte1 Luft.
Unter folgendem Link zu finden:
http://wiederworte.twoday.net/stories/bachmann-reist-oder-kreist/
Es ist in Klagenfurt wirklich sehr intransparent,
nach welchen Kriterien ein Text
und sein[e] Autor[in] ausgewählt
und eingeladen werden...
das war bei einem Text heute
auch mehr als augenfällig
[mal sehn, wie sehr ich mich da
in der Kritik dazu hinreissen werde,
etwas dazu zu sagen, weil bzgl.
eines Textes, der heute gelesen wurde, schäumt meine Leserinnen-Kritiker-Seele]...
Der Reiz des Bewerbs
liegt für mich eigentlich
in der geübten Kritik der Juroren,
wobei das nicht immer Kritik, sondern wirklich - wie formulierte es einer in Klagenfurt heute so schön - mehr schon "Hauptseminar"-Charakter hat.
Doch das ist es,
worauf ich das ganze Jahr hingiere,
zu hören, was die "großen" Literaturwissenschaftler[innen]
zu Texten sagen. Und manchmal
staune ich nicht schlecht,
wenn ich sehe, dass ich mit der einen
oder anderen Einschätzung als Leserin
ganz gut in meiner subjektiven Laien-Einschätzung mithalten kann.
Außerdem...
eines der wenigen Male im Jahr,
wo sich die Fernsehgebühr
mal rechnet ;-)
Jedenfalls freue ich mich sehr,
dass Sie meine "Beobachtungen"
genießen, weiß ich doch,
aus dem Lesen Ihres Blogs,
dass Ihrem kritischen Blick auf Texte
so leicht nichts standhält,
weswegen ich Ihren Mit-Lese-Genuss
hier als Riesenkompliment ansehe...
und da muss ich mich ja nun
noch drei Tage [bis einschließlich Sonntag]
mächtig am Riemen reißen ;-)
Ganz herzlich zurück grüßend
Teresa :-)