C a f f e e...schnüffler

Haben Sie heute schon eine Tasse Kaffee, einen Cappuccino, einen Espresso oder eine Latte-to-go genossen?

Dann seien Sie froh, dass Sie nicht vor 232 Jahren gelebt haben!

Damals wäre es Ihnen schlecht ergangen, sofern Sie unter preußischer Fuchtel gelebt und man[n] sie bei einer Tasse dieses köstlich braunen Getränks ertappt hätte.


Ahhhhh.....wer wird da nicht schwach?


Womöglich wäre ein blau berockter Franzose herbei gesprungen, hätte[n] Ihnen die Tasse aus der Hand gerissen, seinen Riechkolben hinein gehangen
und
Sie, liebe Leserin, lieber Leser-Kommentator[in], des Kaffeegenusses überführt.

Der war unter Friedrich dem Großen, dem Alten Fritz, verboten. Jedenfalls fürs gemeine Volk. Damals, Mitte des 18. Jahrhunderts, zelebrierten nur der Adel und die feine Bürgersfrau aus Berlin, Leipzig oder Hamburg die Kaffeetafel mit "Caffee, Rheinwein, kleinen Zuckerprezeln und Weintrauben". Dem Alten Fritz war es ein Dorn im Auge, dass "der Kaffeekonsum fast jeden und sogar den geringsten Leuthen zur Natur geworden" sei [wie die kurmärkische Domänenkammer anno 1744 berichtet].

Friedrich II. belegte viele Genussmittel, die aus dem Ausland eingeführt wurden, wie eben den Kaffee mit horrenden Steuern. Schließlich musste nach dem Siebenjährigen Krieg die Staatskasse wieder aufgefüllt werden:
"Ich prohibire so viel ich kann, weil dieses das einzige Mittel ist, daß meine Unterthanen sich dasjenige selbst machen, was sie nicht anderswoher bekommen können", schrieb er in seinen Tagebüchern und erhöhte die Einfuhrzölle auf Kaffeebohnen und belegte sie mit einer Luxussteuer. Nur mehr absolut unverzichtbare Rohstoffe durften importiert werden.

So kostete damals in Berlin ein Pfund Röstkaffee sechs bis acht Groschen, wovon vier Groschen auf den Zoll entfielen. Kein Wunder, dass der Kaffeeschmuggel aus Holland blühte. Versteckt unter Heu, Kohle und Holz, selbst in Särgen unter Leichen transportierten findige Händler und Privatpersonen wesentlich preis günstigere ungeröstete Bohnen in die Preußenmetropole. Es ging so weit, dass sogar Marktfrauen die Bohnen in extra gefertigten Brustbinden zu ihren Kunden trugen.

Schließlich avancierte der Kaffee damals zum heiß geliebten Getränk in allen sozialen Schichten: Die Bürgersfrau trank ihn morgens ebenso wie ihr Dienstmädchen, der Baron genauso wie der Bauer.
Sogar als Suppe aller Art nicht nur zum Frühstück, sondern zu jeder Tages- und gar Nachtzeit wurde er gelöffelt.

Kaffeetrinken ward` den Untertanen zur regelrechten [Genuss]Sucht, schließlich waren die Röstverfahren keine solch` schonenden wie wir sie heute kennen und der Kaffee enthielt noch wesentlich mehr Koffein.
Friedrich hatte also Grund zur Sorge.
Doch weder gesundheitliche Gefahren noch die Luxusbesteuerung des Kaffees änderte der Untertanen Konsumgewohnheiten.

"Ein jeder Bauer und gemeine Mensch gewöhnt sich jetzt zum Kaffee", schimpfte denn auch der König und empfahl seinem Volk doch bei der "gewohnten Biersuppe zu bleiben". Die Bierbrauer klagten anno 1780 nämlich über gewaltige Umsatzeinbußen. Und als Übeltäter und Verursacher für diese Bierkonsumkrise machten sie den Genuss von Kaffee aus.

Und... Friedrich der Große gab nicht auf und verfügte schließlich heute vor 232 Jahren:
"Es ist allen und jedem verboten, in den Häusern oder irgend anderswo Kaffee zu brennen, und keinen anderen Kaffee zu führen als denjenigen von der General-Niederlage in Paketen versiegelten und gestempelten Kaffee." Damit erließ er am 21. Januar 1781 sein spezielles Kaffee-Röst-Verbot. Das sollte dem koffeinhaltigen Treiben seines Volkes endgültig ein privates Ende setzen, weil es eben sogar das Rösten der rohen Bohnen verbot. Für alle! Außer für die staatliche Kaffeerösterei.

Die preußischen Hausfrauen, die den völlig überteuerten Kaffee nicht kaufen wollten, und lieber geschmuggelte Bohnen selbst rösteten, lebten fortan gefährlich, denn:
Gerösteter Kaffee riecht einfach zu verführerisch, als dass er nicht verraten würde, aus welchem Haus der Duft des schwarzen Gebräus zöge. Die Chance auf einen solchen Sündenhort zu stoßen standen also recht gut - für die 400 Kaffeeschnüffler, die der Alte Fritz zur Durchsetzung seines Röstverbots eigens aus den französischen Soldatenveteranen rekrutierte.
Zudem verdiente diese seltene Berufsspezies recht gut. Sie erhielten sogar eine Schnüffel-Sonderprämie, wenn sie eine[n] auf frischer Tat, beim Kaffeegenuss, ertappten.

Besonders verhasst waren die Schnüffler des Königs bei den Frauen: Die Kaffeeriecher beließen es gewöhnlich nicht dabei, den Ertappten die Tassen aus der Hand zu nehmen, den Inhalt zu inspizieren sowie noch Küche und Kammer zu durchwühlen. NEIN - sogar das "Abtasten und Abriechen von diero Weibsleut`" war den Kaffeeschnüfflern ausdrücklich erlaubt!

Wie gut, dass sein Nachfolger wenige Jahre später, anno 1786, dieses unsinnige Verbot wieder aufhob, denn wer weiß, ob die braune Bohne heute des Deutschen liebstes Heißgetränk wäre.

Die braune Kaffeebohne - damals wie heute - ein geschätztes Importgut
1513 mal gelesen
Robert (Gast) - 21. Jan, 18:06

Der deutsche Fiskus verdient sich beim Kaffee weiterhin eine goldene Nase, Frau Teresa. Steuern, Zölle und Frachtkosten machen 45% des Kaffeepreises aus, die Kaffeebauern erhalten lediglich einen Bruchteil. Abgesehen von den Kaffeeschnüfflern ist die amüsante Geschichte recht aktuell!

Teresa HzW - 22. Jan, 22:17

149 Liter Kaffee konsumiert heute jeder Deutsche pro Jahr. Damit ist es das am meisten konsumierte Getränk in Deutschland, noch vor Wasser und Bier.
Rund 86% der Erwachsenen trinken täglich oder mehrmals wöchentlich Kaffee.

Ich hab - weil Sie die Statistik ins Feld führen - der Ihren gern noch eins draufgesetzt, lieber Robert :-)
Teresa HzW - 22. Jan, 22:21

Hier gibt es noch weitere Zahlen... wen`s interessiert!?

Übrigens:
Deutschland gehört zu den Ländern, in denen der Kaffee am billigsten ist... [siehe obigen WELT-Artikel, der sich hinterm Link verbirgt!] womit wir beim Thema "fair trade" wären...

schneck08 - 22. Jan, 22:42

Komme gerade zurück aus dem Ursprungsland. Habe dort erstmals rohe Bohnen vom Strauch gekostet, auch ganz wunderbar. Und erfuhr die Geschichte (wie sie auch sinngemäß in Wikip. zu lesen ist): Hirte, Ziegen fressen Bohnen... wache Tiere. Mönch... dem das nicht schmeckte, der ausspuckt ins Feuer.... und dann ein "Aahhh!", da geröstet. Dies soll sich auf einer Halbinsel im Lake Tana zugetragen haben, wo heute noch ein orthodoxes Kloster zu besichtigen ist (welches ich tat). Und eine sog. "Kaffee-Zeremonie" ist überall im Land üblich. Zunächst werden einem die Bohnen im Röstvorgang auf einem heissen Blech unter die Nase gehalten. Dann wird gemahlen, gebrüht und eingeschenkt. Ich habe nie besseren Kaffee getrunken, mild, ölig, geschmackvoll weich. Und "Arabica" heisst er nur, weil er von den Arabern transportiert wurde. Eigentlich müsste er "Abessinia" heissen (so wurde von den Abessiniern immer wieder nachdrücklich betont...).

Teresa HzW - 22. Jan, 22:45

Ahhh, Sie Glückspilz!
Hoffentlich haben Sie ein bisserl was mitgeschmuggelt ;-)
und vor allem sich gut erholt, lieber Schneck!
Schätze mal, Sie sind jetz hellwach :-)))

und schööööön, dass Sie wieder da sind... freu mich schon auf Ihren Reisebericht :-D
Bubi40 - 27. Jan, 09:57

zu risiken und nebenwirkungen fragen sie Johann Sebastian Bach ...

"Schweigt stille, plaudert nicht" ("Kaffeekantate"), BWV 211
an dieser stelle passt ein kabinettstück des großen (ernsthaften?) musikheroen.
für interessierte möchte ich gern eine sehr gelungene aufnahme vorstellen.
also, wenn sie mal zeit haben ... reinhören ... spaß ist garantiert ...
liebe teresa, vergib mir meine frechheit, deinen hervorragenden beitrag zur "volksbildung" so "voluminös" zu ergänzen ...


Teresa HzW - 30. Jan, 21:07

Kaffeekantate I

Was für ein musikalischer Leckerbissen! Ich ließ mir diese Kaffeekantate heute Nachmittag gern zu einer Tasse Cappuccino schmecken, lieber Josef.

Textzeilen, wie folgende, zergehen einem dabei förmlich auf der Zunge:
"Wie wunderbar der Text
Ei! wie schmeckt der Coffee süße,
Lieblicher als tausend Küsse,
Milder als Muskatenwein.
Coffee, Coffee muss ich haben,
Und wenn jemand mich will laben,
Ach, so schenkt mir Coffee ein!"


Bei der Gelegenheit habe ich nun endlich, endlich erfahren, wer uns den wunderbaren Spruch "Die Katze lässt das Mausen nicht!" schenkte... ;-)
Es war der Dichter dieser Bach`schen Zeilen: Christian Friedrich Henrici, besser bekannt unter seinem Künstlernamen "Picander". Aus seiner Feder stammt nicht nur der Text dieser Kantate, sondern auch der für die Matthäuspassion. [Wußtest Du das?]

Jedenfalls schließt die Kantate mit diesem wunderbaren Katzenzitat:
"Die Katze lässt das Mausen nicht,
die Jungfern bleiben Coffeeschwestern.
Die Mutter liebt den Coffeebrauch,
die Großmama trank solchen auch,
Wer will nun auf die Töchter lästern!"


Jetzt bräuchts nur noch ein Kaffeehaus,
wo unsereine mal sitzen und live diese Bachkantate aufgeführt hören tät... vielleicht bei einer Tasse "Verlängerten" und einer Mehlspeis` .... hach... *träum*
:-)))
Teresa HzW - 30. Jan, 21:10

Kaffeekantate II

Unter folgendem Link findet sich der wunderbar poetische Text dieser Kaffeekantate:
http://webdocs.cs.ualberta.ca/~wfb/cantatas/211.html

Bei der Suche nach diesem Text habe ich i-wo sogar noch querlesend erfahren, dass diese Bach-Kantate als "Höhepunkt der sächsischen Kaffeehausmusik des 18. Jahrhunderts" gilt...
Einfach schöööön!

Und dem liebenswürdigen Pjerunje-Josef gebührt dafür eine der "seltenen Mappen", die er in absoluten Ausnahmen [für Bloggersternstundentexte] sonst selber gern verteilt!
:-D
Bubi40 - 31. Jan, 10:03

mit einem artigen knicks bedanke ich mich für die "mappe" :-)
den Picander hätte ich auf anhieb nicht mehr gewusst. zwar habe ich ihn vor grauen jahren einmal "gelernt", aber er war "verschüttet" ...
eine schöne erinnerung zum thema möchte ich [nicht um neid zu erzeugen :-) ], hier noch anfügen :
ich hatte in meinem berufsleben sehr viel in der musikstadt Leipzig zu tun (Gewandhausorchester, Oper, Thomanerchor). sobald es meine zeit zuließ, "bevölkerte" ich den "Arabischen Coffe Baum" ( http://www.coffe-baum.de/start/index.php ). DAS SÄCHSISCHE KAFFEEHAUS !!!
es war damals zwar nicht so aufpoliert wie heute, aber du warst gast mit den berühmten musikern, dichtern und geistesgrößen Leipzigs der letzten 250 jahre (auch Thomaskantor J. S. Bach), und wenn du deine phantasie gehörig ins kraut schießen ließest, konntest du in dieser erlauchten runde auch die "Kaffekantate" hören.
"Schweigt stille, plaudert nicht ... "
"Coffe Baum" - absolute besuchsempfehlung !!!
Teresa HzW - 31. Jan, 10:50

Glückspilz

Ahhh, ich erblasse tatsächlich vor "Neid", lieber Josef *seufz* - was für einen wunderschönen Beruf Du doch ausüben durftest... andere haben dafür "Eintritt zu zahlen"... ;-)

Ich glaube, mich [hätte] täte es zum Kaffeegenuss in die Lehmann`sche Stube oder ins Schumannzimmer hineinziehen.
Schade, dass wir uns nicht schon früher "kannten" [bis vor einiger Zeit hatte ich öfters in der Leipziger Ecke zu tun], dann hätte ich bestimmt schon mal einen Fuß da hinein gesetzt... nun wird es wohl dauern... bis ich mal wieder dahin {nach} [Läääp`z`schsch] komme ;-)))

na, jedenfalls im HinterOberstübchen hab ich mir den Coffe Baum abgespeichert ;-)

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