Warten auf...

Am heutigen Abend... Premiere in Paris.
Endlich!
Nach langem Warten...

...auf den Moment…
...auf die Möglichkeit...
...der Aufführung,

auch wenn die bereits sechzig Jahre her ist.
Das Théatre de Babylone führte seinen Zwei-Akter am Abend des 5. Januar 1953 endlich auf.
Ein Moment, auf den er seit Anfang 1949 (da hatte er das Stück fertig geschrieben) gewartet hatte. Sein "Warten auf Godot", welches das Theater revolutionieren sollte.

Eine Aufführung, die ihn weltberühmt machte. Sie verhalf ihm auch zu seinem Durchbruch als Autor [des Absurden]: Samuel Beckett. [Ich hatte das Stück im vergangenen Frühsommer wieder einmal gesehen und berichtete hier]

Immer wieder wurde und wird gerätselt, worauf denn in dem Stück gewartet wird.
Etwa auf Gott?

Wie oft er, Beckett, das gefragt wurde!
Irgendwann sagte er einmal dazu einem Journalisten:
"Die Leute legen tiefe symbolische Bedeutung in meine Texte, die ich nie beabsichtigt habe. Ich sage Ihnen eins, es ist nicht Gott!"

Godot war damals auch ein ziemlich geläufiger französischer Name, sogar ein bekannter Radrennfahrer hieß so.

Nach Meinung seines damaligen englischen Verlegers und zugleich Freunds, John Calder, ginge „Warten auf Godot“ möglicherweise auf Becketts Erfahrungen als Kurier während des Zweiten Weltkriegs zurück. Das Warten auf Mitteilungen, die nicht eintrafen. Sein englischer Verleger habe immer geglaubt, so Mel Gussow, der ein wunderbares Buch über seine „Begegnungen mit Beckett“ verfasst hat, „daß der Krieg Becketts Leben verändert habe. Er habe ihm eine tragische Sicht auf die Dinge gegeben.“

Das Faszinierende an dieser Metapher „Godot“ ist [für mich tatsächlich], dass er oder es, worauf gewartet wird, nicht benannt werden kann.
Man wartet.
[wie im Stück]
Auf morgen.
Auf Geld.
Auf Frauen.
[Auf Männer]
Auf Gott.
Auf das Menschliche.

Warten. Warten. Warten.
Auf alles Mögliche warten.
Warten, weil es keine Alternative gibt.

Warten als eine Art Mysterienspiel!?
Warten als metaphysische Denkweise!?
Warten als Möglichkeit!?
Warten als Universalität.

Warten. Warten. Warten.
Dadurch ist [mE] das Stück zeit-los aktuell geworden.

1389 mal gelesen
Bubi40 - 6. Jan, 11:49

liebe Teresa, ich bin voll an deiner seite …
„warten“ als metapher für "leben" überhaupt ?
man kann es, denke ich, so sagen, denn selbst wenn wir „tun“, warten wir auf die ergebnisse unseres „tuns“. wenn nicht gar das "warten" selbst als tun zu verstehen ist. (es ist halt ein verbum, zwar ein schwaches, aber nichtsdestotrotz ein "tuwort" ) ... und das "Warten" ist seine substantivierung ...

Teresa HzW - 7. Jan, 07:16

Ein wunderbarer lebensweiser Kommentar, den Du hier anfügst, lieber Josef.
Er brachte mich erneut zum Nachdenken über das Warten und ich dachte mir: Eigentlich wäre es mal interessant, zu wissen, wieviel Zeit man an einem durchschnittlichen Lebenstag mit [w]arten verbringt.
Interessant scheint mir auch, dass im Wort "warten" [gleich, ob man es nun als Tun- oder Hauptwort schreibt ;-)] das französische Wort "art" für [dt] "Kunst" enthalten ist [auch wenn das manchem, der dies hier mit-liest, vielleicht nun arg weit hergeholt sein mag]: Was [mir] bedeutet, dass "W[art]en" zugleich eine Lebens-Kunst ist ;-)))

Einen herzlichen Gruß in den BerlinerSpeckgürtelMorgen
Teresa :-)
Bubi40 - 7. Jan, 12:15

um einmal ernst zu werden ...

das alter ist für den artist
in aller regel großer mist
die knochen werden immer steifer
und selbst mit allergrößtem eifer
wird ihm kein kunststück mehr gelingen
gelenkigkeit lässt sich nicht zwingen
so woll´n wir uns nicht selbst entarten
und freiwillig auf´s alter warten
Teresa HzW - 7. Jan, 20:17

"um einmal ernst zu..." antworten

Endlich, endlich wird mein Blog wieder einmal mit einem Deiner berühmten [stumpfsinningen] Verszeilen geadelt, lieber Josef. Hurra! Das habe ich gleich rot im Kalender angestrichen ;-)

Allerdings wage ich Dir zu widersprechen ;-)
Wer rastet, der rostet - wie unschwer jene "jung[geblieben!]e" Dame hier beweist:



Was hier so federleichtfüßiggelenkig aussieht, vollführt Johanna Quaas, die älteste deutsche Turnerin - hier im Jahr 2012 beim Turnier der Meister in Cottbus. Da war sie sage und schreibe 86[!!!] Jahre alt.
Mittlerweile ist sie 87 und immer noch fit wie ein Turnschuh!
Da zieh ich meinen Winterhut bis hinunter zum Boden und muß aufpassen, dass mir dabei nix ins Kreuz fährt... ähm... hüstel
Bubi40 - 8. Jan, 09:18

suuuper !!!
da fällt selbst mir kein blöder kommentar ein ...
nur : suuuper !!!
nömix - 7. Jan, 09:39

Eine köstliche Paraphrase über das besagte Thema gibts u.a. auch von Gerhard Polt:


Teresa HzW - 7. Jan, 21:11

Samma froh...

Jetzt wiss`ma, warum ma so fui Baustelln ham und oft sooo lang` wartn miass`n bis a Bauprojekt fertiggstellt is...
da Dillinger is schuld!

Samma froh... dass der ned überall sei ko!

Liaba Nömix, Dankschee füa d`Erinnerung`an n`Polt, der is hoid imma wieda guad, um a Warterei z`übabrückn.
:-)

P.S.
Den "Dillinger" hab` ich schon lang nicht mehr ghört und wieder herzlich g`lacht! Wahrlich eine "köstliche [beckettsche] Paraphrase"!
Shhhhh - 7. Jan, 10:06

Ich glaube, dass es in jedem Leben eine Phase gibt, in der das Warten eine übergeordnete Rolle spielt. Wenn ich an meine Zeit bei der Bundeswehr zurückdenke, so hat sich vor allem das Warten auf Irgendwas am stärksten in mir eingeprägt. Doch dabei gab es eine Facette, die sich mehr als die anderen hervortat: das Warten auf den Dienstschluss.

Teresa HzW - 7. Jan, 20:27

Da pflichte ich Ihnen heftig nickend bei, lieber SHHHHH; rückblickend aufs [bisherige] Leben verbinde ich "Warten" stets mit dem Warten auf Öffentliche Verkehrsmittel. Ich möchte nicht wissen, wieviel Zeit ich schon mit dem Warten auf den nächsten Bus, die nächste Bahn hier in der Region Stuttgart verbracht habe... weil nirgendwo in Deutschland der ÖPNV so schlecht getaktet und die unterschiedlichen öffentlichen Fahrgeschäfte aufeinander so miserabel abgestimmt sind wie hier in der Region: Da fährt der Stadtbus an die Bahn-Haltestelle und man kann zusehen, wie zwanzig Meter weiter die Bahn hinaus fährt und schon wartet man mal eben wieder 12-15 Minuten bis die nächste Bahn kommt. Oder umgekehrt... Und das hat ausnahmsweise mal nix mit dem Bau von Stuttgart 21 zu tun... Da hilft oft nur ein in sich gehendes meditatives "Ommmmm" ;-)
Teresa HzW - 7. Jan, 20:44

Das Ende des Dienst-Tages

Dazu bleibt mir noch anzumerken: Das Ende eines Dienst-Tages, den Dienst-Schluss, wird man wohl nur sehnsuchtsvoll [er]warten, wenn es sich um eine langweilige, sinnlose, stumpfsinnige, einen nicht ausfüllende Tätigkeit handelt... ähm... man[n] sehe es mir nach, wenn ich die Bundeswehr[zeit] auf einen so banalen Nenner bringe!
Bubi40 - 9. Jan, 11:46

noch etwas für den rotstift ...

ich mach ein vers für frau Teresen
sie tät so etwas gerne lesen
weil künstlerisch ihr ganzes wesen
es steht zwar gar nichts wirklich drin
und ist de facto ohne sinn
bringt keinen einzigen gewinn

jedoch ist das meine natur
ich produzier´ halt stumpfsinn nur

Jossele - 9. Jan, 14:25

Von der Rotstiftfront

Wenn Frau Theresen Verse mag
möcht ich mich nicht verschließen
ist heut doch grad kein Donnerstag
wo spät die G´schäfte schließen.

Was Bubi da mit Stumpfsinn meint,
das hat uns immer sehr vereint.
Teresa HzW - 10. Jan, 14:00

Eine sakrisch [sauguade] "stumpfsinnige" Strophe..
über diesen [Rot]Stift sehr [ent]ssssückt!!!
:-)))
Jossele - 9. Jan, 14:17

Den Godot zu begreifen bedarf es vermutlich einer Anzahl an Lebensjahren.
Ich war ja mal jung, so mit schwarzen Rollkragenpulli und Sartre unterm Arm, damit auch nur ja jeder als Existentialist erkennen kann. Na klar musste man da über Beckett verstehend disputieren.
Jessas, eine Karikatur war ich damals.
Jahre später erst hab ich verstanden, weil du mußt Warten, dieses Warten erst kennen.

Bubi40 - 9. Jan, 17:00

;-))) ...
lieber genosse bruder, es gab solcher karikaturen auch viele in piefkien ... ich weiß, wovon ich rede ... ;-)))
Jossele - 9. Jan, 20:38

Genosse Maghrebiner, der Vorzug des Alterns ist, es ist nicht mehr so wichtig.
(T´schuldigung, ich weiß, Alter ist relativ, aber man hat Ahnung.)
Teresa HzW - 10. Jan, 14:05

Ein einzig kleines Wörtchen möchte ich Ihrem lebenserfahrenen Kommentar hinzufügen, lieber Jossele:

"...weil Du mußt Warten,
dieses Warten erst kennen"
LERNEN[Punkt].
;-)

das Wörtchen "lernen" möchte ich ergänzend dem "kennen" hinzufügen dürfen, ansonsten ganz bei Ihnen :-)

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