Bachmann Holz und Späne

"Seht zu, dass ihr wachbleibt!" ("Holz und Späne") -
lautet das diesjährige, sehr doppelbödige Motto des einzigen Literatur-[Vor]-Lese-Wettbewerbs, der in seiner vollen Länge auch im 3SAT-Fernsehkanal live ausgestrahlt wird. Ein Jahres-Highlight für alle Literatur-Interessierte. Wann hat ein[e] Leser[in] sonst die Chance, jungen und älteren Hoffnungsträgern der Buchbranche zuhören zu können und zugleich live mitzuerleben, wie ein Text von Literatur - K[o]ennern auseinander genommen und mit positiver oder negativer Kritik bedacht wird. Und das alles bequem vom heimischen Wohnzimmersessel aus.

Drei Tage lang hohe Literaturkritik live mitzuerleben, ist es, was mir bei aller [eigener und öffentlicher] Kritik an diesem Literatur-Bewerb gefällt. E R ist im deutschsprachigen [Fernseh]Raum ein ganz einmaliger [literarischer] Event! Ja, ich lehne mich sogar soweit aus dem Fenster, zu behaupten, dass er in ganz Europa, vielleicht sogar weltweit eine einmalige Veranstaltung ist.
Vor einigen Jahren wurden die Texte einmal in mehreren Sprachen übersetzt, so dass auch andere Nationalitäten in den literarischen Genuss der deutschsprachigen Literatur kamen. Das wird heute nicht mehr gemacht.
Wie ohnehin zu befürchten ist, dass die Tage der deutschsprachigen Literatur gezählt sind!
Zumindest, was dieses weltweit größte Lesefest in Form seiner öffentlich-rechtlichen Ausstrahlung betrifft. Insofern schwebt über diesem 37. Bachmannpreis das Damoklesschwert. Es bleibt abzuwarten, ob diesem Literaturwettbewerb am Ende dieser Tage das Totenglöcklein läutet und er heuer ein letztes Mal stattfindet!? Schließlich muss auch in Österreich der öffentliche Rundfunk sparen und ob ein Bachmannpreis da Gnade vor den strengen, betriebswirtschaftlich denkenden Controllern findet, bleibt abzuwarten.

Freuen wir uns also auf den [vielleicht letztmaligen] Genuss der Texte von 14 eingeladenen Autor[inn]en und die Juroren-Diskussion nach jeder Lesung. Denn die Zuschauer selbst können live nicht mit diskutieren, höchstens in den sozialen Netzwerken oder in der Art, wie ich es wieder halten werde: in Blogeinträgen, die [m]eine Lese-Kritik für oder wider einen Text öffentlich kundtun.

Oder wie formulierte es vor elf Jahren der "Büchernörgeli" der Nation, selbstkritisch: ".. in unserer Jury die Gefahr besteht einer allzu abstrakten Betrachtung der Literatur. Wir haben hier hervorragende Kenner in der Jury, die oft mit ihrem ganzen Wissen kommen und einen Text aufladen und hochsteigern auf nicht mehr angemessene Weise. Da gehörte Humbert Fink zum Repräsentanten des gesunden Menschenverstands und eines direkten Geschmacks. Und er hat sehr oft mit seinen Äußerungen Vernünftiges und Wichtiges beigetragen zum Verlauf der Tagungen des Ingeborg-Bachmann-Wettbewerbs." Der Juror, den der damalige "Büchernörgeli" hier zitierte, griff selbst nur höchst selten in die Diskussionen ein. Fink ist übrigens der Schriftsteller, der einst vor bald vierzig Jahren mit dem damaligen ORF-Landesintendanten Ernst Willner den Ingeborg Bachmann-Preis erfunden hat. Nach Letzterem ist der Preis benannt, der von den Verlagen gestiftet wird. In der Jury selbst sitzen in diesem Jahr lauter altbekannte Juroren, mit einer Ausnahme: Juri Steiner, ein Schweizer Kurator, der erstmals dabei ist.

Mal sehn, wie genau das diesjährige Motto zu nehmen ist!? Ob in Klagenfurt nur literarische Späne gehobelt werden oder ein paar handfeste Texte heraus stechen und es wert sind, mit Preisen ausgezeichnet zu werden?

Das diesjährige Motto hängt die literarische Messlatte recht hoch. Da weiß man nicht, ob die Mitglieder der Jury, von denen jede[r] zwei Autor[inn]en zum öffentlichen Bewerb einladen darf, literarische Stars und Sternchen eingeladen haben!?

Jedenfalls hoffe ich, dass dieses Motto nicht ein schlechtes Omen ist und uns Lese[r]-Zuschauer[inne]n nur Texte oder Autor[inn]en vorgeführt werden, die lediglich das Prädikat "Ho[e]lz[ern]" verdienen.


Liebe Wi[e]der[W]orte-Leser -Kommentator[inn]en,
Sie wissen, wie schwer es mir fällt, meine Zunge im Zaum zu halten ;-)
Daher sei mir zum Auftakt der Tage der deutschsprachigen Literatur ein kleiner Seitenhieb gestattet, auch weil er einem bei der Durchsicht der eingeladenen Autor[innen] geradezu in die Augen sticht!
Wenn von 14 eingeladenen Autor[inn]en sechs aus Berlin kommen, fragt man sich, ob es im Rest der deutschsprachigen Welt keine begabten Schriftsteller[-Debütant]-{inn}-en mehr gibt!? Dass immerhin noch zwei - einer aus der badischen und ein anderer aus der alpenländischen - Seen-Provinz eingeladen worden sind, mutet beinahe wie Kosmetik an. Dennoch sendet die unausgesprochene geografische Herkunft dieser Literaten dem aufmerksamen Leser eine klare Botschaft: Die angehenden Preisträger der deutschen Literaturlandschaft kommen aus Ballungszentren und Metropolregionen! Lässt sich daraus bereits auf die Textmotive schließen?

Jedenfalls bin ich sehr gespannt, welche [urbanen !? ] Themen dieses Jahr die Hoffnungsträger[innen] der deutschen Sprache setzen werden. Kommen die künftigen literarischen Talente etwa aus der Großstadt, weil sie nur mehr dort ihre Themen finden? Oder kommt es zum großen Überraschungscoup? Weil am Ende ein literarisches Landei [s]einen Text für ein besseres, weil gesünderes [Land]Leben ausgebrütet hat und den Markstein für den Bachmannpreis setzt?

Sie, liebe Leser-innen-Kommentatorinnen,
dürfen [wie es bei Wi[e]der[W]orte beinahe eine kleine Tradition geworden ist] in den nächsten vier Tagen wieder mit [m]einer widerwortigen Begleitung dieses literarischen Bewerbs rechnen!

Kritik und Details
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* BACHMANN Späne am Tag 1
* BACHMANN Holz am Tag 2 * BACHMANN Holz und Späne am Tag 3
* BACHMANN Hölzer 2013
2460 mal gelesen
Sani (Gast) - 4. Jul, 00:00

Freudige Aussichten für den Nachtdienst ^_^

Teresa HzW - 4. Jul, 06:54

Ich hoffe ebenfalls, dass uns die Texte mehr erfreuen als verärgern oder gähnen lassen, wie es in den vergangenen Jahren teilweise auch der Fall war ;-)
Margit (Gast) - 4. Jul, 16:39

Komisches Motto. Kennen Sie den Hintergrund? Verzeih, mal wieder eine dumme, überflüssige Frage.

Teresa HzW - 5. Jul, 22:25

Holz und Späne Bachmann-Motto 2013

Liebe Margit, das ist ganz und gar keine "überflüssige", geschweige denn "dumme" Frage!
Schließlich kann man nicht alle Werke und Zitate einer Schriftstellerin wie Ingeborg Bachmann kennen.

Hand aufs Herz, ich wusste auch nicht, dass das die Überschrift eines ihrer Gedichte ist, eines Gedichts, für das sie mit weiteren ihrer Gedichte im Mai 1953 von der Gruppe 47 ausgezeichnet worden ist.
Das habe ich auch nachschlagen müssen.

Für Dich sehr gerne! :-)

Und auch das Gedicht habe ich eben gern heraus gesucht. Als ich es gelesen habe, erkannte ich es allerdings sofort wieder! An den "Hornissen" ;-))) - mir war nur die Überschrift entfallen:

Holz und Späne
Von den Hornissen will ich schweigen,
denn sie sind leicht zu erkennen.
Auch die laufenden Revolutionen
sind nicht gefährlich.
Der Tod im Gefolge des Lärms
ist beschlossen von jeher.

Doch vor den Eintagsfliegen und den Frauen
nimm dich in acht, vor den Sonntagsjägern,
den Kosmetikern, den Unentschiedenen, Wohlmeinenden,
von keiner Verachtung getroffnen.

Aus den Wäldern trugen wir Reisig und Stämme,
und die Sonne ging uns lange nicht auf.
Berauscht vom Papier am Fließband,
erkenn ich die Zweige nicht wieder,
noch das Moos, in dunkleren Tinten gegoren,
noch das Wort, in die Rinden geschnitten,
wahr und vermessen.

Blätterverschleiß, Spruchbänder,
schwarze Plakate . . . Bei Tag und bei Nacht
bebt, unter diesen und jenen Sternen,
die Maschine des Glaubens. Aber ins Holz,
solang es noch grün ist, und mit der Galle,
solang sie noch bitter ist, bin ich
zu schreiben gewillt, was im Anfang war!

Seht zu, daß ihr wachbleibt!

Der Spur der Späne, die flogen, folgt
der Hornisschwarm, und am Brunnen
sträubt sich der Lockung,
die uns einst schwächte,
das Haar.
tinius - 4. Jul, 22:57

Von Anousch Müller, die ich privatim kenne und sehr mag, zudem auch als Schreiberin und Bloggerin sehr schätze, weiß ich , daß sie nicht aus Berlin stammt, sondern dorthin gezogen ist. Zentren entwickeln halt auch einen gewissen Sog, zumal Austausch-, Kommunikationsmöglichkeiten, sowie eine recht gute kulturelle Infrastruktur wichtig sind.

Teresa HzW - 5. Jul, 22:44

Der Sog der Metropolen...

entfaltet eine eigene Wirkkraft, wie mir scheint, lieber Tinius. Um so erleichterter bin ich, dass die Texte der Autoren, die in der Provinz leben, es zumindest bei mir in die engere Auswahl geschafft haben, denn ich habe mir erst hinterher angesehen, wo die leben. Mein Eindruck - kann auch sein, dass nur ich den habe : den Texten aller, die in der Provinz leben, scheint eine große erzählerische Ruhe inne zu wohnen.

Ich kenne keine[n] der nach Klagenfurt Berufene[n] - was mir den kritischen Blick auf die Texte in gewisser Weise erleichtert. Allerdings werde ich mir einen der Texte vom ersten Tag morgen nach der letzten [Vor] Lesung nochmals ansehen... den des Coming-out-of-age des Sechzehnjährigen, der aufs Nebelhorn hinauf fährt... ihn will ich nochmals lesen... denn mit etwas größerem Abstand betrachtet, stach er doch ein wenig aus den gestrigen Texten heraus... immerhin konnte ich mir den Inhalt des Textes merken.. ;-))

Um den Bogen zur Provinz zu schließen: Auch dort findet ein Schriftsteller Austausch- und Kommunikationsmöglichkeiten, auch eine gute kulturelle Infrastruktur... nur ist die halt vielleicht etwas weitläufiger und verstreuter.
Πετράκης Χρ. (Gast) - 10. Jul, 10:39

tagen juni schreiben sie ende des fernsehens girchenland demosch erfolg
fernsehen da

Teresa HzW - 11. Jul, 10:23

Griechisch TV

…ich ahne was Sie gesagt haben und freue mich mit den griechischen Freunden… 
ein unabhängiger Rundfunk ist elementarer Bestandteil jeder Demokratie!
:-)

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