Produktionsprobleme... los... gelassen

Liebe Leser-innen-Kommentatorinnen,

die Produktion ist wieder angelaufen, die Textproduktion.
Wie wohl ich mir schon ein wenig wie in einer Fabrik vorkomme, wie in früheren Zeiten, als es noch echte industrielle Produktionsbetriebe gab und eine lebhafte Textilbranche auch bei uns im Land.

Irgendwie hat das Entwickeln von Kleider[n]{stoffen} und das Schreiben ja etwas gemeinsam. Angefangen von dem Entwurf eines schönen Kleides, eines Kostüms oder eines Herren-Maßanzuges bis zum Verkauf des fertigen Stücks. Erst muss man sich den Entwurf, das Aussehen, dann einen Plan, den Schnitt rsp. das Schnittmuster [nach dem zu fertigen ist] überlegen, bevor man die logistische Umsetzung planen und an die Materialbeschaffung gehen kann. Und dann braucht man die Nähmaschinen und Utensilien dafür und vor allem die Menschen, die das umsetzen. Ganz zu schweigen von der Post-Produktions-Arbeitskette – Marketing, Vertrieb, Verkauf.

Es gibt jedoch einen entscheidenden Unterschied:
Beim Schreiben ist man alles in einer Person!
Es gibt keine Menschen, die man zum Schreiben einspannen könnte, es sei denn man unterhält ein professionelles Schreibbüro oder eine Biografen-Agentur, wo wie in der Kleiderfabrik am Fließband die Texte herausgeschleudert werden.
Dennoch gibt es Parallelen.

Augenblicklich fühle ich mich so wie ein Fabrikdirektor [alter Schule], der von seiner Verkaufsförderungstour, dem Besuch seiner wichtigen Stammlieferanten und Fachhändler, an den Stammsitz seiner Fabrik zurückgekehrt ist – mit vollen Auftragsbüchern.
Ich weiß nicht, wo mir der Kopf steht, und wo ich zuerst anfangen soll. Alles „sott ma“ gleichzeitig machen.
Ich bräuchte acht bis zehn Hände, die einfach nur am Computer sitzen und in die Tasten tippen. Fleißige Hände, die all das aufschreiben, was sich im Zwischenspeicher des [meinigen] Hirns befindet. Denn leider geht beides nicht, jedenfalls nicht [mehr] bei mir, auch wenn man Frauen unterstellt, dass sie multitaskingfähig seien. Was ich jedoch für ein Ammenmärchen halte oder viel besser für eine raffinierte Ausbeutungsstrategie für Frauen, damit die noch mehr schaffen, auf Kosten anderer, die sich derweil einen lauen Lenz machen.

Jedenfalls kann ich das nicht, und ich will das auch nicht [mit dem Multitasking]. [Basta!] Ich kann nur nach-denken oder schreiben. Beides zugleich geht nicht.
Vielleicht, weil ich es in grauer Vorzeit so lernte, von denen, die mich lehrten rsp. ausbildeten.
„Eine Geschichte muss im Kopf entstehen, sie muss im Kopf fertig geschrieben sein, bevor sie zu Papier gebracht wird“ – hieß es da immer.
Allerdings waren das auch jene Zeiten, in denen es noch keinen Computer und nur Schreibmaschinen gab, noch nicht einmal Schreibmaschinen mit Speicherkapazität. Die gab es erst später. Korrigiert werden konnte da auch nicht so richtig, weil man auf grünes Papier schrieb. Und das sah hässlich aus, wenn da zu viele weiße Tipp-Ex-Flecken drin waren. Das Tipp-Ex das waren, für alle [später] Nach-Geborenen, so drei Zentimeter breite auf einen Zentimeter hohe Streifen, die einem weiße Finger brachten, wenn man ungeschickt hinlangte. Damit hat man damals seine Tippfehler korrigiert, indem das weiße Tipp-Ex-Papier vor das Farbband der Schreibmaschine an die Stelle im Text hingeklemmt wurde, die man überschreiben musste. Das war immer eine fürchterliche Fieselarbeit. Nichts für ungeduldige Menschen oder solche mit dicken Wurstelfingern. Und wenn man zuviel korrigierte, dann gabs eins auf die Mütze. Vom Chef. Das waren damals immer Männer. Weil Frauen gabs da nicht, selbst nicht in der Textproduktion. Wenn dann nur im Sekretariat. Und wer zu viele Tipp-Ex-Fehler hatte, der musste dann wieder Meldungen schreiben. „Damit Du`s lernst“, jawohl, denn gedutzt wurde auch nur einseitig, vom Chef zu den Untergebenen, aber nicht umgekehrt.
Nunja… das einzige was man damals noch hatte war Zeit. Oder vielmehr war es so, dass man auch nicht mehr Zeit hatte wie heute, aber sie wurde anders eingeteilt, und um fünf Uhr war normalerweise Schluss. Weil es musste ja auch noch gesetzt und gedruckt werden. Dafür hatte man viel Zeit zum Nachdenken. Damals war das noch möglich. Sogar erlaubt. Heute ist das ja überhaupt nicht mehr gewünscht. Das Nach-Denken. Das Arbeitsvolk hat bittschön` einfach nur zu funktionieren und umzusetzen. Ohne Pardon. Ohne Kommentierung.
Anders wie damals.
Ja, damals…

Jedenfalls läuft mir der Text schon wieder irgendwohin, wohin er nicht soll. Der soll – verdammmichnochmal - einfach nur funktionieren. Wie das heutige Arbeitsvolk.
Tut er aber nicht.
Und das ist ein Problem!
Weil er sich aufständig widerständig zu verhalten beginnt.
Der Text.

Sowohl der hier als auch der andere: Der Text meines Familien-Geschichts-Chronicle. Drüben in der Nachtkantine.
Es gibt da nämlich ein Schreibproblem. Das ich bis dato nicht imstande zu lösen war.

Daher dachte ich mir, vielleicht hilfts ja, wenn ich es den mir zugewandten Stammleser-innen-Kommentator-innen hier darlege!?!?!?

Also… wer mag lese nun weiter, der Rest nicht…

Also...
Mir ist aufgefallen, dass ich – als Erzählerin – in meinem Chronicle bisher überwiegend be-schreibend unterwegs bin. Was ich nicht schlimm finde, das ist halt in diesem Anfangsstadium, wo ich die Familiengeschichte erst mal ver-ort-en und ihre wichtigsten Personen einführen muss, nun mal so. Wiewohl ein geübter Biograf oder ein Schriftstellerprofi das gewiss auch anders könnte, keine Frage. Aber das bin ich halt nicht.

Ich habe beim Schreiben als Erzählerin eher immer einen Film vor Augen. Also Blende auf eine Szene.. aufnehmen… sprich aufschreiben… dann wegzoomen… Kamera aus.. und das Objektiv – also das Schreiben - auf die nächste Familienszene gerichtet.
So glaube ich könnten Sie als Leser-innen das derzeit ja auch ein bisserl empfinden [wenn Sie an die beiden Auszüge aus dem Chronicle - siehe 1.9.6.1. und genau a so is gwen - denken]

Nun aber… komme ich ein wenig in die Bredouille, denn irgendwie braucht es mehr Ton.
Bis dato war das doch alles ein bisserl Stummfilmmäßig, wenn Sie nachvollziehen können, was ich meine.
Denn:
Als Erzählerin empfinde ich mich im Chronicle, wie der Erzähler in einer dieser alten englischen oder amerikanischen Saga(s), die jetzt zur Weihnachtszeit gewiss wieder ausgestrahlt werden, wo einer aus dem „Off“, den der Zuschauer nie sieht, sondern immer nur hört, erzählt, was vorher geschehen ist, wer die Personen sind… als Zuschauer sehe ich das auch in den entsprechenden Kamerafahrten und Szenen. Die Personen sprechen nicht, ich sehe sie nur im Film hin- und herlaufen und irgendetwas tun [in der Literaturverfilmung von Charles Dickens` "Oliver Twist ist das z.B. so].

NUN gibt es zwei Möglichkeiten:
Die eine,
der Film-Sprecher – also Erzähler aus dem Off – geht in die Geschichte hinein, erfolgt meist nach wenigen Minuten. Er schlüpft dann aus seiner Erzählerposition in eine der Film-Personen hinein, die man bis dato beispielsweise nur in der Kindheit herumspringen sah… die dann plötzlich um einige Jährchen altert. Dieses Erzähler-Prinzip wird in dem wunderbaren Film "Forrest Gump" mit Tom Hanks permanent angewendet.

Die andere Möglichkeit…
...der Film-Sprecher bleibt im „off“, also im Verborgenen, die Filmpersonen fangen irgendwann an zu agieren und zu sprechen und nur hin und wieder schaltet sich der unsichtbare Sprecher ein, um längere Zeitabschnitte zusammenzufassend wiederzugeben, damit sich die Handlung rafft. Manchmal offenbart sich in der allerletzten Szene nach einem zweistündigen Film, dass die gesamte Geschichte aus der Erinnerung eines Sterbenden oder einer alten Tante erzählt wurde, die dann am Bett vom Enkel sitzt oder es ist wie eine Art Geständnis, die eigene Lebensgeschichte, die der eine old boy dem anderen mit einem Glas Whisky in der Hand abends am offenen Kamin bis in die frühen Morgenstunden hinein erzählt hat.

Meine Frage nun:
Ich suche nach einer Möglichkeit, schreibend die Erzählerin zu bleiben, ohne mich in der wie sonst im Film [und der eben dargelegten] Weise in eine der handelnden Personen meiner Familiengeschichte schlüpfen zu müssen.

Nun frage ich mich, wie ich das hinbekomme. Wie distanziere ich mich von den in der Geschichte handelnden Personen????

Vielleicht ist das auch gar kein Problem und es lässt sich mit der Perspektive lösen???

Denn, meine lieben Leser-innen-Kommentatorinnen, es gibt einen Handlungsstrang, den ich in die Gegenwart legen möchte, obwohl er eigentlich in die Vergangenheit gehört. Aber bei meinen Trockenübungen im Schreibheft habe ich gemerkt, das haut nicht hin, weil entweder rutsche ich dann schreiberisch in die Vergangenheit oder in die Ich-Form.

Wenn ich nun aber über eine Person in der Ich-Form im Chronicle schreibe, dann denkt ja ein jeder gleich, das sei ich, obwohl ich es nicht bin.
Schreibe ich hingegen in der Vergangenheit, verhake ich mich irgendwann in den Tempi. Zum anderen bleibt die jeweilige Szene – durch die sprachliche Form der Vergangenheit - sehr arg distanziert.

Naja… ich weiß nicht, ob diejenigen, die bis hierher weiter mitgelesen, noch verstehen, was ich meine.

Jedenfalls suche ich nach einem schreiberischen Trick oder einer Idee, wie ich als Erzählerin die Erzählerin bleibe… und zugleich aber handelnde Personen darstellen kann ohne dass ein[e] Leser[in] später das mit meiner Person in Verbindung bringt. Geht das?

Ich dachte mir schon, ob ich das dann vielleicht in der unpersönlicheren Form der 3. Person schreiben sollte… also „Sie sieht“… „Er tut x,y,z“ … statt „ich gehe… ich… mache dies oder das“.
Ach… Shit!
Jedenfalls hat es der Fabrikdirektor einer Textilfabrik leichter. Damals… wie... heute…sowieso.
*seufz*
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Bubi40 - 7. Dez, 15:09

zwar bin ich kein fachmann, aber ...

um seine figuren in der ich – form zu erzählen, gibt es m. E. drei prinzipielle möglichkeiten, die man aber sicher, so man die erforderlichen fähigkeiten hat, miteinander verquicken kann.

- ich bin der erzähler und lenker, der sich hin und wieder zu wort meldet . (etwa die „Öffentliche Meinung“ in Offenbachs „Orpheus in der Unterwelt“)

- ich erzähle die geschichte als eine (einzige) der handelnden personen. (etwa der „Hoffmann“ in „Hoffmanns Erzählungen“)

- ich erzähle die ganze geschichte als verschiedene handelnde personen jeweils in einzelgeschichten, die dann irgendwann zusammengeführt, und so als gesamtgeschichte erkennbar werden. (etwa wie „Die Brücke von San Luis Rey“ von Thronton Wilders)

Teresa HzW - 7. Dez, 17:05

"muss" man ein Fachmann sein... ;-)

Ach, das ist so liebenswürdig von Ihnendir, dass Sie sich du dir die Mühe machenst*... wie schön!
Ist dies das Erzähl"schema" [der personalen Ich-Perspektive], das manchen Opern zugrunde liegt, lieber Josef?

Ich werde über die dritte Möglichkeit nachdenken, wohl die Story selbst nochmal nachschlagen müssen, weil ich das -glaube ich- sonst mit einer anderen "Brücken"-Story verwechsle :-o

Die zweite Möglichkeit muss ich ausschließen, weil sonst passiert ja genau das, was ich nicht möchte, lieber Josef, dass der Leser mich mit einer der Personen identifiziert.
Außerdem verknotet sich mir dann glaube ich das Hirn, wenn ich Erzählerin und Involvierte bin. Und ich verliere die kritische [objektive] Distanz zu manchen Geschehnissen. Bisher gelingt es mir erstaunlich gut, eine gewisse Distanz zu den Familienpersonen einzunehmen, wahrscheinlich weil ich die Rolle der Familienchronistin so richtig verinnerlicht habe. Und aus der Rolle möchte ich auch nicht mehr herausschlüpfen.

*hab mich auch noch nicht ganz umgestellt ;-)
Shhhhh - 7. Dez, 17:08

Das ist tatsächlich nicht so einfach und ich fürchte, ich werde das Wochenende dazu benötigen, um es genauer zu durchdenken. Als Anregung hätte ich da Umberto Ecos "Friedhof von Prag", der durch verschiedene "Tricks" den Erzählmodus wechselt. Generell empfiehlt sich Eco beim Erforschen der Erzählmodi, insbesondere sein Buch "Der Wald der Fiktionen".

Teresa HzW - 8. Dez, 14:32

@SHHHHH

Ganz wissbegierig bin ich, nach dem Wochenende zu erfahren, zu welchem Ergebnis das Nachdenken Sie gebracht hat, lieber Herr Eckermann [is doch der Name, wenn ich mich richtig entsinne :-o].
"Der Friedhof von Prag" liegt irgendwo in meinem Stapel an- und dann i-wie doch ungelesener Bücher...
Dafür recherchierte ich ein wenig zum anderen Buch, das offensichtlich auf Seiten der LeserInnen umstritten ist.
Erstmal harre ich Ihres Fach-Kommentars, der hoffentlich folgen wird ;-)
Bis dahin... schönes Wochenende...
Shhhhh - 11. Dez, 09:49

Also ich habe nach genauem Studium der hier genannten Texte leider kein Patentrezept, um der Erzählung "mehr Ton" zu verleihen. Ehrlich gesagt, bin ich mir nicht einmal sicher, was mit "mehr Ton" gemeint ist, denn schaue ich auf "Reiseziele..." entdecke ich dort zwar wenig wörtliche Rede, also meine Definition von "mehr Ton" bzw. Unmittelbarkeit (so wie ich den "Ton" gedeutet habe), allerdings stört das, wie ich finde, die Erzählung überhaupt nicht. Im Gegenteil, gerade durch die eingestreuten Zitate ("Das war wie Peitschenhiebe"), die eher beiläufig gestaltete Rede ist doch trotz aller Nähe zur beschriebenen Person eine gewisse Distanz erhalten geblieben. Die Frage, die sich stellt, bei Personen, denen Sie womöglich nicht mehr persönlich begegnet sind, mit denen Sie keine Worte ausgetauscht haben, ist meines Erachtens, wie Sie den bisher angeschlagenen Ton beibehalten, denn Distanz zu den Personen ist genügend vorhanden.
Das Problem mit der reinrutschenden Ich-Form sehe ich gar nicht als so groß an, denn jeder halbwegs erfahrene Leser weiß um die Unterschiede zwischen Autor und Erzähler. Auch die Perspektive der in die Gegewart geholten Vergangenheit ließe sich durch das Erinnern des/der Protagonisten, durch Tagebucheinträge oder Briefe "zurückholen".
Teresa HzW - 11. Dez, 21:30

@SHHHHH

Mit "mehr Ton" meine ich tatsächlich auch mehr Dialoge zwischen Personen; was eben sehr schwierig umzusetzen ist, wenn ich ausschließlich aus dieser personalen Ich-Perspektive erzähle.
Aber vielleicht braucht es "mehr Ton im Sinne von mehr Dialogen" in dieser Phase des Chronicle, wo die Personen erst eingeführt werden, tatsächlich nicht.
Andererseits wollte ich wirklich allmählich von der beschreibenden in die zeigende Erzählhaltung wechseln.
Doch dafür brauche ich ein "Gegenüber". Das geht dann in der 3.Person besser, wenn ich als Erzählerin selbst in die Geschichte hinein springe [wie bei Reiseziel Ia] und das Gegenüber bin.
In der Ich-Form klappt das irgendwie nicht.

Ihr Hinweis auf den "bisher angeschlagenen Ton" ist für mich recht aufschlussreich, lieber Herr Eckermann, weil mir durch Ihren diesbzgl. Hinweis erst bewusst wird, dass der überhaupt kein Problem für mich ist [glücklicherweise]. Der fließt einfach von selber aus der Feder... ähem... Tastatur!

Auch Ihr Tipp mit dem Rückgriff auf die Vergangenehit mit Tagebucheinträgen und Briefen werde ich mir verinnerlichen! Das ist auch so naheliegend.

Vielleicht mache ich mir, was die Erzählperspektive der Ich-Form anbelangt, auch einfach doch zu viel Gedanken oder es ist eben die Besonderheit des Stoffes [Familie!!], die mir in der Ich-Form mehr zusetzt! Wahrscheinlich würde mir das überhaupt keine Probleme bereiten, wenn ich über die Familie der Nachbarn schreiben würde.

Ganz herzlichen Dank für Ihr ausführliches Feedback, und auch das Feedback zur Distanz! Das hilft mir alles wieder ein kleines Stückchen weiter!
Margit (Gast) - 7. Dez, 17:29

Sie gehen viel zu verkopft ans Werk, meine Liebe! Schreiben Sie einfach los.

Teresa HzW - 8. Dez, 14:37

@Margit

Ausnahmsweise muss ich Ihnen einmal widersprechen, liebe Margit. Sich vorher Gedanken zu machen, hat gewiss nichts mit "verkopft zu Werke gehen" zu tun.
Das "drauf los schreiben" habe ich, was Sie natürlich nicht wissen können, schon öfters praktiziert und das führt[e] stets ins Nirwana einer Textwolle, aus der endlos lange Fäden hingen.
Daher will ich das bei diesem Chronicle anders angehen, zumal ich die Familien-Geschichte im Groben vor mir habe, es ist nur eine Frage des "Wie" aufdröseln.
Ulr23 (Gast) - 7. Dez, 18:19

Empfehle Ihnen das Buch "Der Fall Jane Eyre" von Jasper Fforde. Er führt m.V. gekonnt vor, wie Figuren von einer Erzählebene zur anderen wechseln können, quasi in eine Handlungsebene einsteigen bzw. wieder aussteigen. Seine Figuren dringen in die Wirk-lichkeit des Textes ein, und die im Text vorkommenden Orte und Figuren werden dabei lebendig.

Teresa HzW - 8. Dez, 14:43

@Ulr23

Ist das Buch mit dem Film identisch, der jüngst auf 3SAT gezeigt wurde?
Klingt jedenfalls interessant, was Sie schreiben, liebe[r] Ulr23.
Robert (Gast) - 8. Dez, 09:04

Es liegt mir fern, eine akademische Diskussion loszutreten, Frau Teresa. Mit Verlaub es gibt unzählige Arten des Erzählens. Die Germanisten wissen es selbst nicht genau, wie Sie jenem Link entnehmen können - http://bildungsserver.berlin-brandenburg.de/fileadmin/bbb/unterricht/faecher/sprachen/deutsch/News/news_2012/Germanistentag_2013_programm.pdf - siehe unter Sektion1 zu Erzählforschung.

Teresa HzW - 11. Dez, 21:38

@Robert

Mir scheint es auch so, dass es unzählige Arten des Erzählens gibt. Vielleicht habe ich die zu meiner Geschichte passende einfach noch nicht ganz gefunden. Aber wie heißt es so schön: "Nur Übung macht den Meister!" Falls Sie Zeit haben, lieber Robert, mögen Sie nicht auch die beiden Probetexte Reiseziel 1a und 1b lesen? Kann auch gern erst demnächst über die Feiertage sein ;-)

Das Programm des Deutschen Germanistentages finde ich übrigens superspannend! Erstaunlich, dass die zehn Monate vor der Veranstaltung bereits so detaillierte Inhalte auf die Beine gestellt haben.
Bücherfreund (Gast) - 8. Dez, 14:41

Der Erzähler ist eine Person >off stage< – also hinter der Bühne; er agiert normalerweise >versteckt<, nicht sichtbar. Üblicherweise weiß man als Leser, der einen neuen Roman aufschlägt und zu lesen beginnt, nicht, >wer< der Erzähler ist. Der normale, literaturwissenschaftlich nicht gebildete, Leser unterstellt automatisch, dass derjenige, der als Autor auf dem Buchumschlag steht, der Erzähler ist.
Erst im Verlauf des Lesens stellt sich heraus, meist unmittelbar auf den ersten Seiten, manchmal erst im Laufe der erzählten Handlung, >wer< sie erzählt. In der Regel, in der klassischen Literatur, ist der Erzähler meist, wie im Film mit einer handelnden Person identisch. Der Erzähler schlüpft in eine Person hinein und erzählt aus ihrer Perspektive.
Ich frage mich, ob sie als Erzählerin, die von Anfang an bekannt ist, weil sie selbst eingangs in ihrem Nachtkantinen-Prolog darauf hinweisen, >wer<, nämlich dass sie, die Autorin, die Erzählerin ist, nicht ohnehin zu einer Art Figur – wenn auch erst im weiteren Prozess des Schreibens - werden, zu einer, sehen Sie mir den Ausdruck nach, mystischen oder kybernetischen Figur ganz im Sinne der Postmoderne.

Teresa HzW - 8. Dez, 14:58

Eine reizvolle Vorstellung, in der Tat, lieber unbekannter Bücherfreund. Eine Rolle, die mir gewiss auf den Leib geschneidert wäre, dank meiner Vorliebe für die [post]moderne Literatur. Ich frage mich nur: Müsste ich mir dann nicht schon im Vorfeld überlegen, wie diese Rolle auszufüllen und zu verkörpern ist? Ich kann mir kaum vorstellen, dass durch wildes / einfaches drauf losschreiben, sich diese Rolle von selbst ergibt.
Außerdem habe ich - diese Art des Vorgehens [siehe oben meine Antwort an Margit] hinter mir ;-)
Bücherfreund (Gast) - 8. Dez, 15:12

Ein wenig verhielte es sich wie in Jasper Fforde`s >Der Fall Jane Eyre<, sie als Erzählerin halten ohnehin die Fäden in der Hand. Sie sind es, die entscheiden, zu welchem Zeitpunkt die unterschiedlichen Personen ihrer Familienerzählung auf die Bühne und damit ins Geschehen eintreten und an welchem Zeit- oder Handlungspunkt sie diese wieder verlassen.
Teresa HzW - 8. Dez, 15:45

Dieses Hinein- und Herausspringen aus einem "fahrenden Handlungszug" in einen anderen, wenn ich das so bezeichnen darf, lieber Bücherfreund, bedeutet für mich – als Erzählerin – einen grundlegenden Paradigmenwechsel, den ich mir noch überlegen muss. Bisher dachte ich immer, der Erzähler sei eine "Gestalt", die – wenn wir beim Vergleich mit einer Theaterbühne bleiben – zu einer Existenz "back stage" verdammt ist. Einer der als Erzähler immer im Hintergrund bleibt – in der Rolle des Chronisten eben.

Andererseits, Ihr Vorschlag hat einen gewissen Charme, lieber Bücherfreund. Warum nicht auch selber als Erzählerin, mit auf die Bühne der Aktion kommen. Auch wenn es mir im Moment noch sehr schleierhaft ist, WAS dann "meine" Rolle ist. Denn in die Gestalt einer der familiengeschichtlichen Personen will ich mich auf keinen Fall hinein begeben!

Gebe ich dann auf der Bühne als "Erzählerin" meinem Publikum, also den Lesern, Anweisungen? Etwa wie nun irgendetwas zu verstehen ist? Was die Person "X" oder "Y" eben sagte oder tat?

Oder leiste ich dann eine Art "Erste Verständnishilfe", indem ich dem Publikum, der Leserschaft, sage, wie ein Ereignis der Geschichte – nach meiner Anschauung als Erzählerin - zu interpretieren ist?
Allerdings: Gerate ich dadurch nicht in eine Art schulmeisternde, das Publikum belehrende Rolle?
Bücherfreund (Gast) - 8. Dez, 15:54

Es kommt darauf an, wie sie das ausfüllen. Ihrem bisherigen Schreibstil nach zu urteilen, können sie das bewältigen. Probieren sie es aus!
Teresa HzW - 8. Dez, 16:12

Hm!?! Sie machen mich ja direkt verlegen ;-)

Dafür fällt mir noch anderes ein, wenn ich darf:
Wie ist das mit der Verweil-d a u e r
auf dieser Geschichts-Bühne der Handlungen? Als Erzählerin dürfte ich doch eigentlich nur kurz verweilen?
Darf ich provozieren? Wobei mir die Rolle der Publikums-Beschimpferin gewiss nicht liegt.
Oder:
Aktiv in die Handlung eingreifen? Das könnte ich ja auch!?
Also nicht das Publikum "belehren", sondern vielleicht meinen Personen Regieanweisungen geben? So wie es ein echter Regisseur im Theater rsp. Film auch macht?
Bücherfreund (Gast) - 8. Dez, 16:19

Warum nicht ein imaginäres Publikum >beschimpfen<? Wenn es erforderlich ist, ist es nicht nur ihr Recht, sondern viel mehr eine Pflicht. Es kommt ganz auf die Begleitumstände an. Warum nicht einen Eklat herbeiführen? In der Fiktion der Postmoderne ist alles erlaubt.
Teresa HzW - 8. Dez, 16:28

Ich sehe schon, unsere "Unterhaltung" leitet mich auf ein ganz neues "Gleis", um in der Metapher eines fahrenden Zuges, in den ich ja bereits vor einiger Zeit eingestiegen bin, zu bleiben. Mal sehen, in welche Richtung es mich führt ;-)

Ich muss nun leider den Dialog beenden, da ich weg muss. Über diese neue Erzähler[innen]-Rolle als eine Art "dritte" Figur werde ich nachdenken...

Ganz herzlichen Dank fürs Gespräch, lieber Bücherfreund! Vielleicht führen wir es ein anderes Mal fort?!
Bücherfreund (Gast) - 8. Dez, 16:39

Wenn ich da bin, jederzeit wieder.
Teresa HzW - 8. Dez, 14:46

Wieviele Stunden hat ein Tag ;-)

Ich sehe schon, bis ich alle Empfehlungen recherchiert, nachgeschlagen, gelesen, überdacht und verarbeitet habe, ist Weihnachten vorbei ;-)
Nein - im Ernst, ich bin ganz gerührt von den vielen Hinweisen! Und werde jeder Information nachgehen!
Das eine oder andere Buch, das als Empfehlung schon genannt ist, könnte ich ja noch auf meine Weihnachtswunschliste packen, auch wenn die bereits ziemlich voll ist ;-))

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